Spaniens Regionen drängen in der Krise zur Selbstständigkeit

Eine Krise kann zentrifugale Kräfte stärken. Der kränkelnde Euro hat dazu geführt, dass manche den Rauswurf Griechenlands aus der gemeinsamen Währung fordern. Andere Länder wie Polen wollen gar nicht erst beitreten. Der traditionelle Abstand der Briten zur kontinentalen Gemeinschaft ist nicht gerade geringer geworden. Die Tendenz ist bis in die einzelnen Staaten hinein zu beobachten.

Wenn am Sonntag in den spanischen Regionen Galicien und Baskenland gewählt wird, schlägt nicht nur die Stunde der Kritiker der rigiden Madrider Sparpolitik, sondern auch die der Separatisten. Dabei werden neben tatsächlicher oder auch nur vermeintlicher Unterdrückung nationaler und kultureller Eigenheiten auch immer handfeste ökonomische Motive ins Feld geführt. Das tun auch seit Längerem die Katalanen, die sich übermäßig für die ärmeren Provinzen in die Pflicht genommen fühlen. Ähnliches kennt man aus den italienischen Nordprovinzen, die nicht länger für den Süden einstehen wollen. Manche Schotten möchten ihren Ölreichtum lieber ohne den Rest des Vereinigten Königreichs genießen. Die Fraktionierung ließe sich bis auf Stadtteil-, Straßen- und Familienebene fortsetzen. Mit guten Gründen, selbstverständlich. Aber ohne gute Lösungen. Denn die Erfahrung lehrt, dass eine Gemeinschaft besser in der Lage ist, Schwierigkeiten zu überwinden als Einzelkämpfer. Statt Separatismus ist Solidarität das Gebot der Stunde. Langfristig gesehen ist sie das Erfolg versprechendere Modell. Und die EU bietet einen Rahmen, der den Regionen und Minderheiten nahezu alle Entfaltungsmöglichkeiten bietet. Das emotionalere Argument ist leider der Drang zur Abspaltung.

Dass ein selbstständiges Baskenland aber schwerlich besser leben würde als jetzt unter dem nationalen spanischen Dach, wird von den Unabhängigkeitsaposteln gern ausgeblendet. Das Gleiche gilt für die Vertreter aus den anderen Regionen, die auch irgendwann wieder einmal auf Unterstützung angewiesen sein könnten. Und es gilt für den Euro, der trotz aller Turbulenzen noch immer mehr Gewicht in der Welt hat als die Einzelwährungen seiner Teilnehmerländer.