Den Marktführer zieht es an den Hamburger Rathausmarkt und nach Rahlstedt. Insgesamt sind elf zusätzliche Geschäfte im Norden geplant.

Hamburg. Nach der Pleite des Konkurrenten Schlecker will Deutschlands größte Drogeriemarktkette dm ihre führende Stellung in der Bundesrepublik weiter ausbauen. Nach fast 90 neuen Märkten im gerade beendeten Geschäftsjahr will das Karlsruher Unternehmen auch bis zum Herbst des kommenden Jahres erneut Filialen in der gleichen Größenordnung eröffnen, wie der Geschäftsführer für den Bereich Expansion, Markus Trojansky, gestern in Hamburg ankündigte.

160 Millionen Euro wird die Kette in der Bundesrepublik investieren, wobei das Geld sowohl in den Bau neuer Geschäfte als auch in die Modernisierung bestehender Filialen fließt. Der Konzern will unter anderem die besonders profitablen Kosmetikabteilungen und auch den Fotoservice ausbauen. Zudem werde in die Verteilzentren investiert, die aufgrund des starken Wachstums derzeit an der Kapazitätsgrenze arbeiteten. "Da laufen die Förderbänder heiß", sagte Trojansky.

Im Norden werden elf Geschäfte unter anderem in Ratzeburg, Kiel, Buxtehude, Schwerin und Stralsund hinzukommen. In Hamburg plant dm, den Lokalmatadoren Budnikowsky mit der Eröffnung des ersten Geschäfts in der Innenstadt weiter unter Druck zu setzen. Im Frühjahr kommenden Jahres wird das Unternehmen direkt am Rathausmarkt eine Drogerie aufmachen, die einen dortigen Edeka-Markt ablösen soll. Eine weitere Neueröffnung ist in Rahlstedt vorsehen.

Insgesamt bleiben die Hamburger Expansionsmöglichkeiten von dm aufgrund der starken Stellung von Budnikowsky allerdings begrenzt. Während die Karlsruher bundesweit mit 1345 Drogerien fast zehnmal so groß sind wie das hanseatische Traditionsunternehmen, sind die Verhältnisse zwischen Alster und Elbe genau umgekehrt. Budni kommt insgesamt auf rund 150 Märkte in Hamburg und Umgebung, dm gerade mal auf acht.

"Wir würden gern mehr Drogerien in der Hansestadt aufmachen, doch es lassen sich kaum Standorte finden, die für unsere Bedürfnisse groß genug sind", sagt Trojansky. Auch die zahlreichen frei gewordenen Schlecker-Standorte seien in der Regel für dm zu klein gewesen.

Lange Zeit hatten die Karlsruher einen kompletten Bogen um die Hansestadt gemacht, um eine bestehende Vertriebskooperation mit Budnikowsky bei dm-Eigenmarken nicht zu gefährden. Diese Zurückhaltung hat der deutsche Marktführer allerdings aufgegeben und tastet sich nun Stück für Stück auf Hamburger Gebiet vor.

Zuletzt soll es zwischen den Vertriebspartnern sogar merklich geknirscht haben, weil Budni nun seinerseits begonnen hat, umsatzstarke Produkte wie Toilettenpapier oder Küchenrollen unter einem eigenen Label produzieren zu lassen. Offiziell betonten allerdings beide Unternehmen, dass die Kooperation fortgeführt werde.

Während dm in der Hansestadt also noch mit angezogener Handbremse unterwegs ist, ist das Wachstum bundes- und europaweit kaum zu stoppen. Der Marktführer profitierte im abgelaufenen Geschäftsjahr stark von der Schlecker-Pleite. Die Erlöse stiegen um 11,3 Prozent auf 6,87 Milliarden Euro. Das Unternehmen konnte vor allem seit Mai in Deutschland deutlich wachsen. "Teilweise lagen die Zuwächse bei 20 Prozent", sagte dm-Chef Erich Harsch.

Auf dem deutschen Markt erreichte dm im Geschäftsjahr 2011/2012 (30. September) ein Wachstumsplus von 14 Prozent und kam damit auf einen Umsatz von 5,112 Milliarden Euro. Über den Gewinn macht das Unternehmen traditionell zwar keine Angaben. Die deutsche Belegschaft will Harsch aber am Unternehmenserfolg mit einer Sonderzahlung von 850 Euro pro Mitarbeiter beteiligen. Insgesamt sollen 13 Millionen Euro ausgeschüttet werden.

Ein "Schlecker-Effekt" sei durchaus spürbar, sagte Harsch. "Wie er sich langfristig auswirkt, können wir aber frühestens im Frühjahr 2013 sagen, wenn sich die Insolvenz jährt."

Die Zahl der Mitarbeiter wuchs in Deutschland um knapp 3700 auf nunmehr 29 100. Darunter sind auch 800 ehemalige Mitarbeiterinnen von Schlecker und IhrPlatz. "Anders als Rossmann haben wir sie eingestellt, ohne gleichzeitig Filialen zu übernehmen", sagte Harsch und wies damit Kritik zurück, dass dm den arbeitslos gewordenen Tausenden Schlecker-Frauen gleichgültig begegne.

Im Ausland eröffnete der Konzern knapp 70 weitere Filialen und schuf etwa 1000 neue Stellen. Damit liegt die Gesamtzahl der Mitarbeiter im In- und Ausland bei knapp 44 000.