Der Old Port im indischen Mumbai ist hoffnungslos veraltet und marode. Hamburg könnte helfen - doch es fehlt das Geld.

Es gibt Telefongespräche, die sind nicht aufschiebbar. Auch nicht, wenn der Hamburger Bürgermeister, der Wirtschaftssenator und Chef der Hamburger Hafenbehörde sowie zwei Busladungen Manager vor einem stehen. Völlig zwanglos nestelt Vinayak Kulkarni sein klingelndes Handy aus der Brusttasche seines Hemdes. "Yes Captain", sagt der stellvertretende Chef des Mumbai Port Trust, der Hafenbehörde der westindischen Metropole. Und dann spricht er in der Landessprache weiter, während Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz (SPD) milde lächelt.

Die Gebäude im alten Hafen ("old port") versprühen DDR-Charme. In den muffigen Treppenhäusern blättert die Farbe ab. Lediglich in der Schaltzentrale, die auf 17 Grad Celsius heruntergekühlt ist, stehen vergleichsweise moderne Computer mit Flachbildschirmen. Ansonsten sucht man im Hafen vergeblich nach modernen Anlagen. Von Containern ist zumindest an diesem Tag nichts zu sehen. Spötter sprechen deshalb vom "Museumshafen".

Jens Meier, Chef der Hamburger Hafenbehörde HPA, sieht sich interessiert um. Er ist Teil der Hamburger Delegation, die in Indien Kontakte knüpfen will, um an dem erwarteten Aufschwung Teil zu haben. Ein Land, das so rasant wächst und bald mehr Einwohner haben wird als China, braucht Konsumgüter. Und die kommen mit Containerschiffen. Meiers Interesse ist es, dass diese auch in Hamburg festmachen.

Im old port tun sie es heute nur hin und wieder mal. Und das liegt an dessen marodem Zustand. Container können hier, gemessen an modernen Maßstäben, nur unzureichend umgeschlagen werden. Meier zitiert aus einem Bericht, den er zur Vorbereitung auf diesen Besuch gelesen hat. Darin steht, dass hier 600 000 Container im Jahr umgeschlagen werden "Aber jetzt, wo ich das hier sehe, sind es vielleicht mal 70 000."

Diese Zahlen gewinnen erst im Vergleich an Bedeutung. Im Hamburger Hafen werden im Jahr neun Millionen Container umgesetzt. Noch gewaltiger sind die Dimensionen, wenn man sich betrachtet, wie viele Menschen dafür gebraucht werden. Im alten Hafen von Mumbai sind mehr als 16 000 angestellt. In Hamburg sind es gut 1800. Rund 45 000 ehemaligen Hafenarbeitern muss der Mumbai Port Trust Pensionen zahlen. "Da bleibt überhaupt kein Geld für Infrastrukturmaßnahmen wie Straßen- oder Zuganbindung übrig", sagt Meier. Hinzu kommt, dass die Hafenarbeiter Mumbais sich gegen eine Automatisierung im Hafen sträuben. Aus zwar nachvollziehbaren Gründen, doch auf diese Weise wird dort kein Container zusätzlich umgeschlagen. Immerhin, derzeit werden dort neue Kai-Anlagen gebaut. Geplant war, dass diese im Oktober kommenden Jahres in Betrieb gehen. Doch noch gibt es nicht einmal Ausschreibungen für die Bestellung der Kräne. Experten halten deshalb diesen Termin für unrealistisch.

Nach Meiers Überzeugung müsste noch viel mehr geschehen. So sollte etwa die Industrie viel näher an den Hafen angesiedelt werden. Dann könnten die Jobs, die im Hafen durch die Modernisierung wegfallen, dorthin wandern. "Ich bin mir sicher, wenn die Infrastruktur hier verbessert wird, dann wird das Außenhandelsvolumen Indiens massiv steigen", sagt Meier. Und davon könnte dann auch der Hamburger Hafen profitieren. Es gebe deshalb Überlegungen, ob und auf welche Weise Hamburg bei etwaigen Infrastrukturplanungen und im IT-Bereich unterstützen könnte.

Dass es auch anders geht, zeigt sich gegenüber in der Bucht. Dort wird der ursprünglich als Entlastungshafen errichtete Nhava Sheva International Container Terminal seit 1999 privat betrieben. Bis dahin verlief der Containerverkehr von und nach Nordeuropa über Colombo, Singapur oder Dubai. Mittlerweile werden in Nhava Sheva mehr Container umgeschlagen als in den anderen drei Häfen, nämlich vier Millionen im Jahr. "Die Aktivitäten sind beeindruckend", sagt Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos), der sich den Hafen angesehen hat. Allerdings ist dieser Hafen an die Kapazitätsgrenze gestoßen. Reedereien, die den Hafen nutzen wollen, müssen deshalb sogenannte Überfüllungszuschläge zahlen. Nicht unbedingt ein Standortvorteil.

Platzprobleme, Überlastung des Terminals, für all das könnte Hamburg Lösungen anbieten - und selbst davon profitieren. Bei dieser Vorstellung lässt sich dann auch milde lächeln, wenn Mumbais Hafenvize noch ein weiteres Telefonat mitten im Gespräch mit der Hamburger Delegation annimmt.