Die Elbvertiefung wird zur unendlichen Geschichte - Zeit für neue Ideen

Wer sich die lange Planungsgeschichte der Elbvertiefung in den Archiven anschaut, stößt immer wieder auf einen Satz: "Wir sind zuversichtlich, dass wir bald mit den Baggerarbeiten anfangen können." So oder so ähnlich äußerten sich Vertreter des Hamburger Senats schon oft, unabhängig von ihrem Parteibuch. Auch Wirtschaftssenator Frank Horch übte sich bis vor wenigen Tagen noch in diesem mantraartigen Zweck-optimismus, der wohl eher den Erwartungen von Reedereien in Fernost als der tatsächlichen Einschätzung geschuldet war.

Dabei war nach der Baustopp-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur ebenfalls geplanten Weservertiefung eigentlich absehbar, dass die Richter auch bei dem Elbe-Projekt nichts überstürzen würden und - wie jetzt geschehen - bis zum Hauptsacheverfahren auch hier einen vorläufigen Baustopp anordnen.

Nicht von ungefähr verweisen die Richter in ihrer Begründung auf die gewaltigen Baggermengen, die für das Projekt geplant sind: Rund 37 Millionen Kubikmeter Sand und Schlick müssen aus der Fahrrinne geholt und umgelagert werden - das entspricht immerhin dem zehnfachen Volumen der Außenalster!

Das ist ohne Zweifel ein gewaltiger Eingriff in den Fluss und viel mehr, als bei früheren Vertiefungen angefallen ist.

Man sollte daher jetzt nicht in Richterschelte verfallen und einen Untergang des Hamburger Hafens herbeireden. Seit 2002 wird die mittlerweile neunte Vertiefung der Elbe bereits geplant. Seitdem gab es einen enormen Zuwachs beim Containerumschlag, einen herben Einbruch während der Krise - und nun wieder Zahlen, die fast den alten Rekordwerten entsprechen. Alle ohne Vertiefung. Dennoch ist die Sorge berechtigt, dass ohne Vertiefung manche Reederei irgendwann ihre Schiffe nicht mehr die Elbe hochfahren lassen und Hamburg dann nicht nur an Bedeutung im Welthandel, sondern vor allem Jobs verlieren könnte. Wegen der vergleichsweise geringen Fahrwassertiefe gibt es gerade für die ganz großen Schiffe etliche zeitliche Beschränkungen auf der Elbe. Was bei den streng nach Fahrplan fahrenden Linien zu empfindlichen Störungen führt. Aber es gibt auch Nautiker, die sagen, wichtiger noch als eine Vertiefung sei die ebenfalls geplante Verbreiterung - damit die ganz großen Schiffe überhaupt noch passieren können. Möglicherweise bringen deshalb einige wenige Eingriffe auch schon viele Vorteile für die Schifffahrt.

Der Konkurrenzhafen Antwerpen jedenfalls hat kürzlich gezeigt, dass man auch mit Kompromissen zum Ziel kommen kann. Dort einigten sich Hafenplaner und Naturschützer auf eine geringere Vertiefung als ursprünglich geplant. Die Schelde-vertiefung ist daher längst abgeschlossen - während man in Hamburg jetzt noch mindestens eineinhalb Jahre warten muss, bis es ein Urteil im Hauptsacheverfahren geben wird. Mit ungewissem Ausgang. Und vielleicht dauert es sogar noch länger: Denn im juristischen Streit geht es vor allem um eine eventuelle Verletzung von EU-Umweltrecht. Die Richter wollen deshalb auch nicht ausschließen, dass sich irgendwann auch der europäische Gerichtshof noch mit der Sache beschäftigen könnte - was weitere Verzögerungen bedeuten würde. Vielleicht ist es deshalb an der Zeit für eine pragmatische und schnelle Lösung wie in Antwerpen.

Dazu müssten aber nicht nur der Senat und die Hafenverwaltung von alten Positionen abrücken, auch die Umweltverbände dürften sich einer sinnvollen Einigung nicht verschließen. Die Elbe ist ein wunderschöner Fluss und Heimat seltener Pflanzen und Tiere - aber sie ist auch die Lebensader dieser Stadt. Beides zu erhalten und anzuerkennen muss das Ziel sein. Unmöglich ist das nicht.