Obama gleicht Debatten-Niederlage aus

Nach der zweiten Redeschlacht im US-Präsidentschaftswahlkampf ist man versucht, die abschließende Aufforderung einer alten Quizserie hier anzuwenden: "Der echte Barack Obama möge bitte aufstehen." Im Vergleich mit dem ersten TV-Duell gegen seinen Herausforderer Mitt Romney wirkte der Amtsinhaber wie ausgewechselt. Tagelang hatte Obama mit Experten in Virginia an einer neuen Debattenstrategie gefeilt, nachdem er die erste so spektakulär verloren hatte. Obama hatte am 3. Oktober in Denver den Fehler gemacht, sich als nobler Staatsmann zu präsentieren, unter dessen Würde es ist, sich auf eine verbale Prügelei einzulassen. Er hatte die aufgeheizte Atmosphäre im US-Wahlkampf falsch eingeschätzt, die nach einem Kampf verlangte. Das hatte dem aggressiven Republikaner Romney alle Freiheit gelassen, Obama in die Defensive zu drängen.

Diesmal jedoch zog Obama die Samthandschuhe aus und folgte der erkennbaren Strategie, die Glaubwürdigkeit seines Rivalen vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet zu demontieren. Gleich achtmal bezichtige Obama den Republikaner der Lüge - ein offensives und riskantes Vorgehen. Doch Romneys unglückselige Neigung, sich selber in den Fuß zu schießen, half dem Präsidenten auch diesmal zuverlässig. Das Gezicke darum, wer wann was nun genau gesagt und behauptet hat, dürfte rasch in Vergessenheit geraten - nicht aber Mitt Romneys bildhafter Ausspruch von den "Ordnern voller Frauen", die man ihm gebracht habe, als er angeblich als Gouverneur von Massachusetts nach weiblichen Kabinettskandidaten gesucht habe. Die Herzen der weiblichen Wähler, die sich Romney schon bisher nur sehr zögernd öffnen wollten, hat der spröde Mormone damit sicher nicht im Sturm gewonnen.

Drei Wochen vor dem Urnengang herrscht ein wahlpolitisches Patt - mit leichten Vorteilen für den Amtsinhaber. Mit dem ersten verlorenen Duell hat Barack Obama Boden verloren, mit dem zweiten vermochte er nun lediglich aufzuholen. Das dritte und letzte am Montag müsste schon sehr dramatisch verlaufen, um die meist längst gefallene Entscheidung der amerikanischen Wähler noch zu beeinflussen.