Das Asiatische Kurzkrallenotter-Weibchen Naam bringt ihren Jungtieren im Orang-Utan-Haus im Tierpark Hagenbeck rabiat das Schwimmen bei.

Stellingen. Planschbecken war gestern. Zimperlich ist Naam, das Asiatische Kurzkrallenotter-Weibchen, beim Schwimmunterricht für ihre Jungtiere kein bisschen. "Die ersten Schwimmversuche der Kleinen werden von den Eltern rabiat eingeleitet", sagt Claus Claussen. Heißt: Ein Lüttes geschnappt, und ab damit ins kühle Nass. "Bis jetzt haben es noch alle überlebt", sagt der Reviertierpfleger im Orang-Utan-Haus im Tierpark Hagenbeck, und lacht. Denn auch wenn die Zwergotter genannten kleinen Raubtiere keineswegs auf Bäumen leben, teilen sie sich doch mit den großen, rothaarigen Menschenaffen einen Lebensraum. So auch bei Hagenbeck: eine bereichernde WG für beide Seiten.

Naam, deren Name auf thailändisch Wasser bedeutet, ist eine echte Hamburger Deern: "Sie wurde im Juli 2002 bei uns geboren, damals noch auf der Anlage, die jetzt von den Riesenottern bewohnt wird", sagt Claussen. Im April 2004 zog sie dann mit ihrem Männchen, der aus dem Zoo in Rotterdam kam, in das neue Orang-Utan-Haus ein. "Und seitdem hat sie sich zur Supermama entwickelt", sagt Claussen. "Mehr als 30 Jungtiere hat sie hier großgezogen." Zwei zwölf Wochen alte Söhne und ein weiterer Sohn aus dem vergangenen Jahr leben mit den Eltern derzeit im Wassergraben des Orang-Utan-Geheges - und nicht nur hier. Claussen: "Die Otter bewegen sich auf der ganzen Anlage, haben einen Bau oberhalb eines der Wasserfälle gebaut und haben einen weiteren hinter einem kleinen wasserseitigen Eingang rechts vom Gehege." Hier war die kleine Familie die ersten Wochen nach der Geburt der Jungtiere abgeschottet, hier hatten alle bisherigen Baby-Raubtiere ihren ersten Wasserkontakt in einem ganz flachen Becken. Bevor es dann Mutterns Schwimmunterricht gab.

Asiatische Kurzkrallenotter sind mit maximal 61 Zentimeter Körperlänge und bis zu fünf Kilogramm Gewicht die kleinste Otterart der Welt. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Indien und Südchina über die Malaiische Halbinsel bis Borneo und Java. Dort leben die zu den Mardern zählenden Raubtiere in Gebieten mit dichter Vegetation in der Nähe von Gewässern.

Der Name Kurzkrallenotter kommt daher, dass die Tiere stark reduzierte Krallen haben. Auch ihre Schwimmhäute sind rückgebildet, was eine große Beweglichkeit der einzelnen Finger ermöglicht. "Die fingern an allem rum", sagt dann auch Claussen, und meint nicht nur die Nahrung (Muscheln, Schnecken, Krebse, Fische), sondern auch andere Objekte. Gerade hat der Tierpfleger eine vermisste Kinderkamera, die ins Wasser gefallen war, aus dem Otterbau geholt. "Verbrecher", sagt er grinsend. Ausgeprägter Spielsinn - so würden es Biologen eher ausdrücken.

Spielerisch und komplett angstfrei gehen die Zwergotter auf die Menschenaffen zu. "Dabei haben Naam und das Männchen schon gelernt, welcher Affe gelassen ist - und wem man eher ausweichen sollte", sagt Claussen. Tuan, der 14 Jahre alte Orang-Utan-Chef, sei da absolut entspannt. "Aber manche Affenweibchen werfen ihnen schon mal ein Tuch hinterher." Generell sei es für beide Arten eine Bereicherung ihres Alltags, sagt Claussen: "Die Orang-Utans gucken mit Vorliebe Otter-TV."

Auch Besucher lieben die Fischfresser - auch wenn diese das nicht immer sind: "Ein Otterjunges hatte sich nach der ersten Fischmahlzeit so übergeben, dass es danach keinen Fisch mehr fraß. Es hat sich dann eine ganze Weile nur am vegetarischen Affenfutter bedient", verrät Claussen.

Mutter Naam nahm's gelassen. Und klaut sich jetzt ab und zu auch einmal eine Weintraube.

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