Ein Kommentar von Kai-Hinrich Renner

Man kann sich darüber streiten, ob es im Internet-Zeitalter so etwas wie unabhängige Programmanbieter bei den großen Privatsendern geben muss. Im Netz herrscht an Angeboten jeder Art kein Mangel - auch nicht an Kultur-, Bildungs- und Informationsformaten, um die es dem Gesetzgeber hier in erster Linie geht.

Wer aber an diesen speziellen Sendeplätzen festhalten will, sollte sie auch so vergeben, dass ein Mindestmaß an Vielfalt gewährleistet ist. Davon kann bisher nicht die Rede sein. Seit es Sendezeiten für unabhängige Dritte bei RTL gibt, wurden sie stets an Alexander Kluges DCTP und die AZ Media aus Hannover vergeben. Bei Sat.1 sieht es nicht besser aus: Dort kamen immer die DCTP und die Mainzer Firma News and Pictures zum Zug. Dass im Falle von RTL stets ein Bewerber aus Hannover und bei Sat.1 einer aus Mainz den Zuschlag erhielt, dürfte auch kein Zufall sein: Für RTL ist die niedersächsische und für Sat.1 die rheinland-pfälzische Landesmedienanstalt zuständig. Beide Anstalten verstehen die Vergabe der Drittsendelizenzen offenbar als Beitrag zur Förderung ihrer TV-Standorte - auch wenn das nicht im Sinne des Gesetzgebers ist.

Die nun anstehende Vergabe der Drittsendeplätze bei RTL bietet die Chance mit alten Gepflogenheiten zu brechen. Dass ein Neuanfang dringend nötig ist, haben auch die TV-Kontrolleure von der KEK bemerkt, die in diesem Jahr die Neuvergabe der Lizenzen bei Sat.1 an die üblichen Verdächtigen nicht durchwinken wollten. Wenn ein Neuanfang ausbleibt, kann man Sendeplätze für unabhängige Dritte auch gleich abschaffen. Das wäre wenigstens eine ehrliche Lösung.