Erna B. erhält Anruf eines angeblichen Neffen, der Geld leihen will. Sie schaltet die Polizei ein

Heimfeld. Erna B. saß mit einer Freundin am Frühstückstisch, als sie - zunächst unfreiwillig, später aber durchaus mit Freude - zur Schlüsselfigur in einem kleinen Kriminalstück und auch zu dessen Heldin wurde: Die 85-Jährige verhalf der Polizei am Mittwochmorgen mit Cleverness und Improvisationstalent zur Festnahme eines Betrügers.

"Hallo, Tante Erna", sagte der unbekannte Mann am Telefon, wie sich die Rentnerin erinnert. Er sei ihr Neffe, sagte der Mann am Telefon. "Ich habe gefragt, welcher Neffe, ich hätte doch so viele", sagt Erna B. "Aber, ehrlich gesagt, da hatte ich den Braten schon gerochen." Der Mann am Telefon antwortete nur: "Na, der Älteste." Eine typische Verhaltensweise der Trickbetrüger, wie Polizeisprecher Andreas Schöpflin sagt. Zum Schein gab sich Rentnerin B. arglos: "Ich antwortete so etwas wie ,ach, du bist's Rudolf'", sagt die Heimfelderin.

Und dann kam der Anrufer auch sofort zur Sache: Er brauche noch heute für einen Wohnungskauf 36 000 Euro und sitze zur Stunde bereits beim Notar, gab der Mann an. Das Geld müsse er sich nur für 24 Stunden ausleihen. Erna B. versprach, ihm aus der Klemme zu helfen. Für die Familie tue sie schließlich alles. Sie müsse nur noch kurz zur Bank gehen. Aber wie das mit den Vorschusszinsen sei, wolle sie doch noch wissen, fragte die Rentnerin am Telefon. Die möchte sie vom Neffen ersetzt haben. "Ich dachte, wenn ich leichte Bedenken äußere, dann klingt das noch glaubwürdiger", sagt die 85-Jährige. Sie hatte den Spieß umgedreht. Als sie aufgelegt hatte, wählte sie den Notruf der Polizei. Kripo-Beamte verabredeten sich mit ihr in einer Bankfiliale. Dort erhielt die Rentnerin einen Papierumschlag mit Papierfetzen. Mit dem, so verabredete die 85-Jährige, solle sie wieder nach Hause gehen. Zivilpolizisten folgten ihr unauffällig. Ein weiterer Beamter übernahm ihren Haustürschlüssel und ging bereits in ihre Wohnung, während Erna B. - oft gestört von Anrufen des angeblichen Rudolf, der sich vergewissern wollte, dass Erna B. auch wirklich die 36 000 Euro abholte - mit dem Umschlag nach Hause ging. Dort versteckten sich zwei Beamte in einem Vorratsraum im Flur. Die Rentnerin: "Dann rief Rudolf wieder an und sagte, ein Freund von ihm sei gerade auf dem Weg von Buxtehude in die Stadt. Er würde den Umschlag mit dem Geld abholen." Kaum fünf Minuten vergingen, bis der angebliche Freund an der Tür klingelte. "Da war ich nun doch ziemlich aufgeregt", sagt die Seniorin. Die Polizisten sprangen aus dem Schrank, der Täter flüchtete, kam aber nicht weit. Sie fassten den 19-Jährigen.

Die Ermittler hoffen, nun auch den Anrufer dingfest machen zu können. Erna B. erntete Lob und Bewunderung. "Sie hat alles richtig gemacht", sagt Polizeisprecher Schöpflin. "Sie war vorsichtig und argwöhnisch - und sehr, sehr clever."