Öffentlichkeitsfahndung startet erst nach neun Monaten

Neun Monate lang. Von Januar bis Oktober. Wie lang diese Zeitspanne ist, zeigen drei Beispiele aus Hamburg. In dieser Zeit sind hier rund 170 000 Verbrechen begangen worden. In dieser Zeit haben die meisten Hamburger 25 Tage Urlaub genießen können. In dieser Zeit sind hier etwa 15 000 Babys geboren worden. Neun Monate lang - so lange haben Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht in Hamburg tatsächlich gebraucht, um Fotos aus einer Überwachungskamera zu veröffentlichen. Sie zeigen, wie ein junger Mann mitten in der Stadt und wieder auf einem Bahnhof schwer misshandelt wird. Auf den Fotos ist zu sehen, dass dem auf dem Boden liegenden Opfer auch noch auf den Kopf getreten wird.

Dass diese Bilder neun Monate lang nur in Amtsstuben und auf Behördenrechnern herumlagen, statt sie einzusetzen, dürfte außer den unmittelbar beteiligten Personen kaum ein Mensch begreifen. Solche Fälle taugen, das Vorurteil zu bestärken, wonach Datenschutz Täterschutz ist.

Zunächst sind Polizei und Staatsanwaltschaft in der Tat die Hände gebunden. Sie müssen Fotos aus Überwachungskameras mit ihrer Intensivtäterdatei abgleichen, müssen sie zu allen Wachen und Dienststellen schicken mit der Frage, wer die Täter kennt, müssen mögliche Zeugen ausfindig machen und natürlich auch das Opfer vernehmen. Aber das alles dauert tatsächlich neun Monate?

Sie wurden gefilmt - aber Polizei und Justiz veröffentlichen die Bilder nicht. Monatelang durften sich die Täter in Sicherheit wiegen. Haben sie in dieser Zeit weitere Verbrechen begangen? Weitere Überfälle und Misshandlungen?

Selbst wenn wie in diesem Fall das Opfer nur zögerlich mit der Polizei kooperierte, selbst wenn es die späteren Täter provoziert haben sollte, so rechtfertigt das nicht den Zeitverlust bei der Fahndung.

Dass das Ermittlungsinteresse des Staates Grenzen hat, wenn unbeteiligte Personen davon betroffen sind, steht außer Frage. Nur: Wo sind hier unbeteiligte Personen? Hier wurden mutmaßliche Täter geschützt. Und damit die schnellere Aufklärung einer Straftat offensichtlich verhindert.