HPC berät Politik bei Privatisierung der griechischen Standorte. Bereits 1100 Projekte in mehr als 100 Ländern betreut.

Hamburg. Gut ein Dutzend Mal war Susanne Milberg dieses Jahr schon in Griechenland, und einige weitere Reisen dorthin werden wohl noch folgen. Allerdings ziehen nicht Fernweh oder Urlaubsfreuden die Unternehmensberaterin so oft nach Hellas, sondern dessen tiefe Krise. Milberg, 48, Partner und leitende Mitarbeiterin bei Hamburg Port Consulting (HPC), leistet Entwicklungshilfe für Griechenlands Hafenwirtschaft, einen der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes.

"Wir erstellen Bestandsanalysen und Marktprognosen für die zwölf größten griechischen Häfen", sagt Milberg in einem Konferenzraum von HPC auf dem HHLA-Containerterminal Altenwerder. "Auftraggeber ist die staatliche Gesellschaft Hellenic Republic Asset Development Fund, eine Art griechische Treuhandanstalt, die die Privatisierung von staatlichem Eigentum vorbereitet und betreibt." Aus diesem Grund habe HPC kürzlich einen rund 200-seitigen Report über den Zustand und die Perspektiven der griechischen Häfen erarbeitet, der an die griechische Regierung, die Troika und die EU-Kommission in Brüssel geschickt wurde. Dieses sogenannte National Port Paper soll als Diskussions- und Entscheidungsgrundlage für Privatisierungen in den griechischen Häfen dienen.

Unter Hochdruck suchen Griechenland und dessen Unterstützer in der Europäischen Union und beim Internationalen Währungsfonds (IWF) Perspektiven für die Sanierung der griechischen Wirtschaft. Die Häfen zählen neben dem Tourismus, der Landwirtschaft und den erneuerbaren Energien zu den wenigen Branchen, denen kurzfristig ein Aufschwung zugetraut wird. Milberg allerdings urteilt nach ihren bisherigen Recherchen zurückhaltend. "Griechenland hat in seiner Hafenwirtschaft Potenzial. Aber es muss dort, wie ja auch in vielen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens, vieles umstrukturiert werden", sagt sie. "Zum Beispiel gibt es keine Trennung von Hafenbetrieb und Hafenverwaltung wie etwa in Hamburg zwischen den Terminalbetreibern und der Port Authority. Das ist aber unabdingbar für einen leistungsfähigen Hafenbetrieb und für die Rechtssicherheit von Investoren."

HPC, ein Tochterunternehmen des größten Hamburger Hafendienstleisters HHLA, ist in der internationalen Hafenwirtschaft eng vernetzt. Gegründet im Jahr 1976, hat HPC bislang rund 1100 Beratungs- und Entwicklungsprojekte in mehr als 100 Ländern realisiert, vor allem den Aufbau und die Inbetriebnahme von Containerterminals. Aber auch bei der Analyse von Hafenstrukturen wie jener in Griechenland zählt HPC zu den führenden Anbietern der Welt. Dank seines immensen Fundus an Erfahrung und Kontakten fungiert das Unternehmen quasi wie ein Außenministerium des Hamburger Hafens - und das außerhalb der Fachwelt fast unbemerkt. Mit Studien wie dem National Port Paper für Griechenland wirkt HPC mitunter tief in Entscheidungen der internationalen Politik hinein.

HPC-Chef Klaus Schmöcker, 63, ist stolz auf die Geschichte des Unternehmens, das derzeit rund 100 Experten beschäftigt, davon gut 80 in Hamburg: "Es gibt weltweit nicht sehr viele Unternehmen, die in diesem Geschäft arbeiten. APM Terminals zum Beispiel, das als Tochterunternehmen des Moeller-Maersk-Konzerns international Terminals betreibt, unterhält zwar ein eigenes Beratungsteam. Das aber bietet seine Dienstleistungen nur intern an."

Ganz nah am großen Zeitgeschehen war HPC auch nach den Terroranschlägen in den USA des 11. September 2001. Die Vereinigten Staaten drängten die EU als Konsequenz aus den Angriffen, dass künftig jeder Container durchleuchtet werden müsse, der einen europäischen Hafen mit Ziel USA verlässt. Das hätte den Rahmen aller gängigen Abläufe in der Schifffahrt gesprengt. Die EU-Kommission gab bei HPC eine Studie in Auftrag: "Wir kamen zu dem Ergebnis, dass eine Komplettüberwachung der Container wirtschaftlich und logistisch mit vertretbarem Aufwand nicht zu realisieren sei", sagt Schmöcker im Konferenzraum bei HPC. "Die EU-Kommission hat sich mit dieser Auffassung bei den USA durchgesetzt."

Man halte sich "aus der Politik strikt heraus", sagt Schmöcker. Doch die Arbeit von HPC ist fast immer hoch politisch. Die Infrastruktur für Häfen zählt zu den wirtschaftlichen Grundfesten eines jeden Landes mit Zugang zum Meer. Zudem arbeitet HPC in allen Regionen der Welt - und ein großer Teil davon, etwa die Anrainerstaaten des Persischen Golfs oder auch Südamerika, wird häufig von politischen Friktionen und Umbrüchen erschüttert.

Vor einigen Jahren geriet HPC selbst in den Fokus. Israel beklagte über deutsche Medien, dass die Hamburger ein Terminal für den iranischen Hafen Bandar Abbas entwickelten, für den wichtigsten Hafen des israelischen Erzrivalen Iran, der mutmaßlich die Entwicklung einer eigenen Atomwaffe vorantreibt. Der Zentralrat der Juden in Deutschland prangerte HPC dafür öffentlich an. Die HHLA, die zu zwei Dritteln der Stadt Hamburg gehört, drängte das Tochterunternehmen, das Projekt zu stoppen. Ein Fehlverhalten des Unternehmens sieht Schmöcker dennoch nicht: "Wir arbeiten immer konform mit den nationalen und internationalen Gesetzen und im Rahmen besonderer Regelungen wie etwa geltenden Sanktionen der Vereinten Nationen."

Aber auch unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten erleben die Mitarbeiter bei HPC immer wieder Überraschungen. Das Unternehmen entwickelte ein neues Terminal in der ukrainischen Stadt Odessa am Schwarzen Meer. Nach einigem Hin und Her mit den Partnern vor Ort gelangte HPC letztlich selbst in die Rolle des Betreibers. So kam der Mutterkonzern HHLA zu seinem derzeit einzigen Hafenterminal im Ausland. Besonders enge Bindungen pflegt HPC auch in Südamerika. "Dort war für uns fast ein Jahrzehnt lang der Schwerpunkt beim Aufbau von Hafenterminals", sagt Schmöcker. "Bei einer Hafengesellschaft im chilenischen Valparaiso, an der die HHLA früher einmal beteiligt war, sitze ich nach wie vor im Aufsichtsrat."

Rund 40 Projekte bearbeiten die HPC-Berater im Lauf eines Jahres, zumeist laufen etwa 20 zur gleichen Zeit. HPC erwächst daraus ein unschätzbarer Wert an Kontakten und Erfahrungen, an Einblicken in die Strukturen und logistischen Entwicklungen in etlichen anderen Häfen. Dadurch erhält auch die HHLA Impulse, wenn sie ihre Technologien und Betriebsabläufe modernisiert. Den HPC-Mitarbeitern wiederum nützt das Renommee der Konzernmutter, ohne dass sich daraus Probleme im Wettbewerb ergeben. Denn die HHLA arbeitet vor allem für Hamburg: "Der Name HHLA als eine gute Marke hilft uns in den meisten Fällen", sagt Schmöcker. "Es gibt natürlich auch Situationen, in denen ein Unternehmen, das wir beraten könnten, die HHLA als Konkurrenten wahrnimmt. Das ist aber eher die Ausnahme."