Der Bezirk Mitte unterstützt den Anwohnerprotest und will jetzt neu mit dem Investor über die Bebauung verhandeln.

St. Georg. Anwohner aus St. Georg haben bei ihrem Protest gegen den Bebauungsplan für ein Grundstück zwischen Alster und Langer Reihe einen Etappensieg erzielt: Die Allianz Real Estate, die dort Eigentumswohnungen und ein sechsstöckiges Bürogebäude mit Staffelgeschoss bauen wollte, muss wohl zurückrudern. Statt der vorgesehenen Luxusapartments an der Koppel 43/45 sollen hier nun ausschließlich Sozialwohnungen entstehen; das Bürohaus am Standort An der Alster 42, das ein altes Gebäude ersetzen soll, muss ein Stockwerk niedriger werden. Das kündigten zumindest Kommunalpolitiker und das zuständige Fachamt für Stadt- und Landschaftsplanung des Bezirksamts Mitte im jüngsten Stadtplanungsausschuss an.

Im Bezirk waren nach einer öffentlichen Anhörung im April dieses Jahres mehr als 200 Widersprüche eingegangen (78 Einzelstellungnahmen und 126 Unterschriften auf Widerspruchslisten). Initiiert hatten diesen Protest Michael Schwarz und Gode Wilke vom Stadtteilbeirat, unterstützt wurden sie von Stadtplaner Peter Zander.

"Die Vielzahl der guten und fachlich hoch qualifizierten Argumente unserer Initiative ist eine Ohrfeige für die Verwaltungsfachleute, die es sich im Interesse des Investors im ersten Anlauf zu leicht gemacht haben", kritisiert Michael Schwarz. Diese Attacke weist man im Bezirksamt zurück. "Wir haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass es sich zunächst um einen reinen Bebauungsplanentwurf handelt, der im Rahmen der Plandiskussion öffentlich zu erörtern ist und in seinen Inhalten verändert werden kann", sagt Fachamtsleiter Michael Mathe.

Im Wesentlichen hatten die Bewohner St. Georgs kritisiert, dass der Bau von Eigentumswohnungen an der Koppel zu einer Steigerung des sogenannten Bodenwertes und damit zu höheren Mieten und zu Verdrängung führe. Außerdem wurde moniert, dass die Höhe des Bürohauses von der Alster aus die Sicht auf den Mariendom verdecke und anliegende Gärten verschatte, dass alter Bäumbestand gefällt werden müsste und eine Fledermauspopulation gefährdet sei.

Nachdem die Fachleute im Bezirksamt die Widersprüche der Nachbarn geprüft und bewertet haben, will man nun mit der Allianz verhandeln. Die war gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Nach den neuen Plänen soll an der Koppel entsprechend der wohnungspolitischen Ziele von Senat und Bezirk ausschließlich öffentlich geförderter Mietwohnungsbau entstehen. Das Bürogebäude am Standort An der Alster 42 soll sich an den Traufhöhen der Nachbargebäude orientieren und muss somit um ein Geschoss auf fünf (plus Staffelgeschoss) reduziert werden. Ein harmonischer Übergang zum denkmalgeschützten CVJM-Haus soll durch eine treppenartige Staffelung ab dem dritten Geschoss erreicht werden - damit dürfte auch der Mariendom von der Alster aus sichtbar bleiben. Am geplanten Wohnhaus an der Koppel 43/45 soll das vorgesehene Staffelgeschoss wegfallen. So sollen die benachbarten Wohnungen und Gärten mehr Sonnenlicht bekommen. Durch die Reduzierung der Bürofläche könnte auch die Anzahl der Stellplätze korrigiert und die Parkplatzfläche im Hof sowie eventuell auch die geplante Tiefgarage verkleinert werden: das würde eine größere Anzahl von Bäumen retten, die sonst gefällt werden müssten. Politiker und Bezirksverwaltung wollen auch verhindern, dass die Allianz - wie von Anwohnern befürchtet - das Grundstück nach Erteilen der Baugenehmigung an eine Hotelkette verkauft. Die Nutzung soll auf das Vorhaben, einzig Büros und Wohnungen zu bauen, begrenzt sein.

Trotz der Nachbesserungen bleiben die Anwohner skeptisch. Sie hätten an der Alster lieber Eigentumswohnungen als Büros. Grund: Nach einem Baustufenplan von 1955 darf das Grundstück nur mit einem dreigeschossigen Wohnhaus bebaut werden - das bestehende Bürogebäude hat tatsächlich von Anfang an der seinerzeit beabsichtigten Wohnnutzung widersprochen. Nun befürchtet man in St. Georg, dass, lässt man hier offiziell ein Bürogebäude zu, auch für die nördlichen Nachbargrundstücke Bauanträge für Büros gestellt werden. "Die dortigen Wohnhäuser stehen zumeist leer", so Michael Schwarz "und werden unter anderem von einer Werbeagentur bereits als Büros genutzt."

Am 30. Oktober findet die nächste Sitzung des Stadtteilbeirates St. Georg statt, zu der auch Michael Mathe und Bezirksamtsleiter Andy Grote erwartet werden. "Wir hoffen", so Michael Schwarz, "dann den aktuellen Stand der Verhandlungen zwischen Bezirk und Allianz zu erfahren."