Für Verfahren gegen Piraten ist Hamburgs Justiz der falsche Ort

Einer der längsten und teuersten Prozesse in Hamburg geht zu Ende. Endlich! Seit mehr als 100 Verhandlungstagen stehen zehn somalische Piraten vor dem Landgericht. Rund1,2 Millionen Euro wurden bisher an die Dolmetscher und Verteidiger gezahlt. Für die Kosten steht der Steuerzahler gerade. Deshalb ist zu hoffen, dass die Hamburger Justiz keinen weiteren solchen Prozess schultern muss. Aber: Natürlich wird die Staatsanwaltschaft Piraten in dieser Stadt anklagen, wenn - wie im Fall der "Taipan" - der Heimathafen des überfallenen Schiffes Hamburg ist.

Natürlich handelt es sich bei den Piraten um Verbrecher. Und sicherlich sind sie, weil sie womöglich aus purem Überlebensinstinkt Menschen entführt haben, nicht bessere oder schlechtere Straftäter als jene, die in Deutschland Banken überfallen und Geiseln nehmen. Aber welchen Zweck verfolgt die Strafjustiz, wo liegt der tiefere Sinn, wenn Somalier vor ein deutsches Gericht gestellt werden?

Abschreckung? Die vage Aussicht auf Jahre in einem deutschen Gefängnis werden wohl kaum einen beeindrucken, der aus purer Not Schiffe und Menschen entführt - sofern er in Somalia überhaupt von dem Prozess im fernen Deutschland erfährt. Mehr als hundert Millionen Euro Lösegeld haben Piraten 2011 am Horn von Afrika "erwirtschaftet" - dem gegenüber steht ein Pro-Kopf-Jahreseinkommen von 180 Euro in dem ostafrikanischen Land. Ein weiterer Zweck von Strafe ist die Wiedereingliederung der Verurteilten in die Gesellschaft. Doch in welche Gesellschaft sollen somalische Täter, die in Deutschland in Haft sitzen, integriert werden?

Seit Jahren wird über die Einrichtung eines Internationalen Gerichtshofs für Piraterie debattiert - dort ließen sich solche Verfahren bündeln. Eine Alternative könnte sein, Piratenprozesse am nicht gerade überlasteten Internationalen Seegerichtshof der Uno in Hamburg abzuhalten. Denn wenn Seeräuber in Deutschland vor Gericht gestellt werden, dann mit einiger Sicherheit in Hamburg. Die Kosten dürfen aber nicht allein der Stadt aufgebürdet werden. Der Bund muss Hamburg bei solchen Großverfahren künftig unterstützen.