Der neue Moderator Markus Lanz wird “Wetten, dass ..?“ anders machen als Thomas Gottschalk. Hauptsache ist, dass er es gut macht

In Zeiten, als "Wetten, dass ..?" im Leben von Markus Lanz eine eher nebensächliche Rolle spielte, zeigte der Moderator in Interviews gern Fotos auf dem Laptop. Von Eisbären und Polarlandschaften. Selbst abgelichtet. Plauderte über die Kunst des Loslassens und seine Sympathie für Aussteiger. In den Tagen, bevor der 43 Jahre alte Lanz an diesen Sonnabend die immer noch bedeutendste deutsche Unterhaltungssendung erstmals moderiert - die einzige, die imstande ist, die magische Zehn-Millionen-Zuschauer-Marke zu knacken -, redete er über Albträume und Ängste, gestand: "Ich stecke in einem dunklen Tunnel."

Ein Temperament zwischen Aussteigermut und Abc-Schützen-Nervosität ist vielleicht nicht die schlechteste Voraussetzung, eine Sendung zu übernehmen, die so sehr mit dem Namen Thomas Gottschalk, 62, verbunden ist, dass allein schon der Versuch zum Scheitern verurteilt ist, auf der (eingefahrenen) Spur des Vorgängers zu kurven, der beinahe 25 Jahre lang in bunt karierten Anzügen die Showbühne bespielte. Was Gottschalk kann, kann eben nur Gottschalk. Etwas Rock 'n' Roll auf den Bildschirm zaubern etwa, der dem deutschen Fernsehen chronisch fehlt. Und jene Art von fast schon penetrant guter Laune zu verbreiten, die "Wetten dass ..?" den Ruf eingebracht hat, ein "Kindergeburtstag für die ganze Familie" zu sein. Topfschlagen mit Starappeal.

Seinen "Wetten, dass ..?"-Abschied, den Gottschalk nach dem tragischen Wettunglück eines Kandidaten verkündete, flankierten - gern mal unter mallorquinischem Himmel - Cameron Diaz, Heidi Klum und Jennifer Lopez. Hollywoodflair trifft Gebührengelder.

In der Lanz'schen Liga warfen sich bislang Gäste der Preisklasse von SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles bis Ex-"Big Brother"-Containerbewohnerin Alida Kurras die Phrasenbälle zu. Statt Palma de Mallorca zog es diesen für eine ZDF-Reportagereihe zu den kasachischen Adlerjägern in die Mongolei. Es muss also andere Gründe geben als die Aura gottschalkhafter Weltläufigkeit, die ZDF-Intendant Thomas Bellut bewogen haben, Markus Lanz zu "Wetten, dass ..?" zu drängeln, nachdem Hape Kerkeling und Jörg Pilawa sich vorzeitig aus dem Nachfolgerennen verabschiedet hatten.

Lanz ist furchtlos - das teilt er mit seinem Vorgänger, der sich in die sogenannte Hölle des ARD-Vorabends begab, anstatt ruhmessatt in der kalifornischen Sonne zu dösen. Und der nun im Privatfernsehen (ebenfalls am Sonnabend um 20.15 Uhr) "Supertalente" sucht, die augenscheinlich keine solchen sind.

Lanz hat einst für seinen früheren Arbeitgeber RTL die erste Fernseh-Live-Übertragung einer Brustvergrößerung direkt vom OP-Tisch kommentiert - und sich damit kurioserweise nicht für Sendungen im Stil eines Dieter Bohlen empfohlen, sondern für das hochanständige Zweite Deutsche Fernsehen, das ihn zum besseren Kerner aufbaute. Es ist der Dreiklang aus Fleiß, Talent und Attraktivität, der Markus Lanz, den der "Spiegel" einmal den " vielleicht größten Streber im deutschen Fernsehen" genannt hat, auf den Präsentierteller der Fernsehnation gehievt hat.

Ob er "Wetten, dass ..?" kann, ist dabei die falsche Frage.

Als Gottschalk 1987 auf den Show-Erfinder Frank Elstner folgte, wusste auch er nicht, worin die Essenz einer Sendung bestand, in der ein Zehntonner auf vier Biergläsern balancierte, 18 Menschen sich in einen Smart stapelten, ein Bauer seine Kühe am Schmatzen erkannte und zwischendurch CDs beworben, Filme angepriesen und Küsschen ausgetauscht wurden.

Man könnte sagen: Der Kern von "Wetten, dass ..?" ist ein großes, sehr schön anzusehendes Nichts, das viel über die Vorlieben des Publikums verrät. Ob Außenwette oder Tanzeinlage im Saal, Sofaecke oder drehbare Sessel im Studio - es ist vollkommen egal, wie "Wetten, dass ..?" unter Markus Lanz im Detail aussehen mag. Hauptsache es gelingt ihm, der Show jenen Wow-Faktor zurückzugeben, den Gottschalk ihr in den besten Momenten verpasst hat. Zu verlieren hat er dabei rein gar nichts.