Im Schnitt ein Plus von 752 Euro beim Monatsgehalt. DGB: “Lohndifferenz ist ein Skandal.“ Auch Senator Horch empört

Hamburg. Im Berufsleben ist die Gleichberechtigung vielerorts noch ein Fremdwort. Männer verdienen in Deutschland in der Regel für ähnliche Tätigkeiten unverändert deutlich mehr Geld als Frauen. In Hamburg ist die Diskrepanz nach einer aktuellen Studie des DGB Nord ebenfalls groß: Während Männer in Hamburg im Mittel ein Bruttogehalt von 3443 Euro im Monat erhalten, haben ihre weiblichen Kolleginnen gerade mal 2691 Euro auf dem Lohnzettel stehen. Männer verdienen damit fast 28 Prozent mehr. In Schleswig-Holstein liegen die Vergleichszahlen der Bruttolöhne für Männer bei 2702 Euro und für Frauen bei 2141 Euro. In Mecklenburg-Vorpommern bewegt sich das Lohnniveau noch niedriger mit 1836 Monatsgehalt für Frauen und 1958 Euro für Männer.

"Frauen werden häufig ausgenutzt und unfair entlohnt", kritisiert der Vorsitzende des DGB Nord, Uwe Polkaehn. "Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit ist längst noch nicht überall die Wirklichkeit." Die Besserstellung von Frauen in der Arbeitswelt sei eine der größten Baustellen für die Gewerkschaften und Betriebsräte, aber auch für die Politik. "Die Lohndifferenz zwischen Mann und Frau in einem der reichsten Länder der Erde bleibt ein Skandal." Auch Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) zeigte sich empört. Dem Abendblatt sagte er: "Wir sollten so weit sein, dass wir darüber nicht mehr diskutieren, ja nicht einmal mehr darüber nachdenken müssen."

Auch bundesweit klafft die Einkommensschere weit auseinander. Über alle Berufsgruppen erhielten Frauen im Jahr 2010 im Durchschnitt 22 Prozent weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen, obwohl sie vergleichbare Tätigkeiten ausüben. Dies geht aus einer aktuellen Auswertung des Statistischen Bundesamts hervor. Damit hat sich die Lohndiskrepanz zwischen den Geschlechtern in den vergangenen Jahren praktisch kaum verändert. Im Jahr 2006 betrug die Lohndifferenz noch 23 Prozent.

In den Führungsetagen nimmt die Kluft sogar weiter zu: So liegen die Verdienste weiblicher Führungskräfte um 30 Prozent unter dem Männerwert; ebenso groß ist der Unterschied bei Technikern. Bei Akademikern liegt sie bei 28 Prozent. Dies geht aus einer umfangreichen Befragung von 1,9 Millionen Beschäftigten in 32 000 Betrieben hervor. Der öffentliche Dienst wird in der Untersuchung nicht berücksichtigt.

Die Hauptgründe für die Einkommensunterschiede ist die vergleichsweise schlechte Bezahlung in frauendominierten Branchen. Zudem arbeiteten Frauen oft in Teilzeit. In Führungspositionen wirkten sich oft Erwerbspausen für die Kindererziehung aus - viele Frauen steigen deshalb nicht so schnell auf. "In Unternehmen, in denen Tarifverträge gelten und starke Betriebsräte tätig sind, stehen die Chancen auf gleiche Bezahlung jedoch deutlich besser", sagt der Sprecher des DGB Nord, Günter Beling.

Bildung ist ebenfalls kein Garant für Gleichstellung. Frauen mit hohem Bildungsabschluss müssen sich laut Statistischem Bundesamt im Schnitt mit einem 27 Prozent geringerem Gehalt begnügen. Nur in den Vorständen der DAX-Konzerne scheint die Emanzipation verwirklicht. Nach einer Untersuchung der Beratungsfirma HKP erhielten die wenigen Vorstandsfrauen vergleichbare Millionenvergütungen wie ihre Kollegen.