Ein Kommentar von Björn Jensen

Die Klitschko-Brüder haben am Sonnabend die Hamburger Boxnacht nicht im Fernsehen geschaut. Der eine, Vitali, ist in Kiew in den Wahlkampf eingebunden, weil er am 28. Oktober ins ukrainische Parlament einziehen will. Der andere, Wladimir, bereitet sich in Kiew auf seine nächste Titelverteidigung vor, die am 10. November ebenfalls in Hamburg ansteht.

Verpasst haben die beiden Dominatoren des Schwergewichts nichts. Auch wenn die Kämpfe von Alexander Povetkin und Kubrat Pulev wegen der Schwäche ihrer Gegner Muster ohne Wert waren, ist abzusehen, dass beide gegen Wladimir Klitschko - nur er kommt ob des nahenden Rücktritts seines 41 Jahre alten Bruders als Gegner infrage - chancenlos wären. Povetkin fehlen der Mut und der Biss, Pulev die Erfahrung und die Schlaghärte.

Die Dominanz der Brüder lähmt die einstige Königsklasse des Berufsboxens, diese Erkenntnis ist nicht neu. Hoffnung auf Spannung gibt es erst, wenn ihre Zeit abgelaufen ist. Dann jedoch, und das ist der Strohhalm, an den sich die Boxfans klammern dürfen, könnte das Schwergewicht eine Renaissance erleben, denn es drängen einige Talente nach.

Die Briten Tyson Fury und David Price, die US-Amerikaner Deontay Wilder und Seth Mitchell, der Russe Denis Boytsov, der Finne Robert Helenius, Pulev und, ja, auch der Kölner Manuel Charr und der Bielefelder Marco Huck werden ihre Chance erhalten, Weltmeister zu werden.

Bis dahin gilt es für sie, sollte ein Duell mit Klitschko unvermeidlich sein, das gute Geld mitzunehmen, viel zu lernen, sich nicht allzu schlecht zu verkaufen - und ebenso geduldig auf die Nach-Klitschko-Ära zu warten, wie es viele Fans tun.