Im April sollen vier Männer einen 44-Jährigen im Café fünf an der Hein-Hoyer-Straße erstochen haben. Seit gestern stehen sie vor Gericht.

Hamburg. Wenn zutrifft, was die Staatsanwältin den vier Angeklagten vorwirft, müssen sie am 5. April 2012 wie ein Rollkommando in das unscheinbare Café fünf an der Hein-Hoyer-Straße eingefallen sein: Dort sollen die Männer einen Gast erstochen und dessen Schwester angeschossen haben.

Seit gestern stehen die Männer vor dem Landgericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, gemeinschaftlich und heimtückisch den 44 Jahre alten Xhevdet H. ermordet zu haben. Tragisch: Der Mann wurde offenbar Opfer einer Verwechslung. Laut Anklage hatten es die Männer nicht auf ihn, sondern auf seinen Bruder, der ihm ähnelt, abgesehen. Er saß an jenem Abend ebenfalls im Café. Der Attacke vorangegangen war offenbar ein Streit zwischen ihm und der Familie der Angreifer.

Xhevdet H. saß mit dem Rücken zur Eingangstür, als die maskierten Täter gegen 0.30 Uhr in das Lokal stürmten. Sofort soll Kreshnik L. mit einem Meißel auf den Kopf des völlig ahnungslosen Mannes eingeschlagen haben. Unmittelbar nach der ersten Attacke soll der 24-Jährige sein Opfer durch zwei Stiche in den Rücken ermordet haben. Während sich die anderen Lokalgäste mit Flaschenwürfen gegen die Angreifer zu verteidigen suchten, habe sich die Schwester des Opfers schützend über ihren toten Bruder gebeugt. Auf sie habe der Angeklagte Asilan D., 28, zwei Schüsse aus einer Pistole abgefeuert. Ein Projektil traf die 31-Jährige am Oberarm und verletzte sie schwer.

Den Angriff auf die Schwester hatte die Staatsanwaltschaft als versuchten Totschlag angeklagt. Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich aber um eine gefährliche, möglicherweise sogar nur fahrlässige Körperverletzung: So hätten die Ermittlungen ergeben, dass die Angeklagten den Tod der Schwester nicht geplant hätten, so das Gericht. Die Schüsse hätten ihrem am Boden liegenden Bruder gegolten. Nach der Tat verschanzten sich die vier Männer auf der Damentoilette des Café Keese, wo sie von der Polizei festgenommen wurden.

Ob sich die Angeklagten zu den Vorwürfen äußern, ist unklar. Noch bevor sie gestern Angaben machen konnten, warf die Verteidigung der Kammer und der Staatsanwaltschaft schwere Versäumnisse vor. So seien wichtige Unterlagen, in denen es um die erneute Vernehmung einer Zeugin ging, einen Tag vor Prozessbeginn in einer Handakte der Staatsanwaltschaft aufgetaucht, aber der Verteidigung nicht vor Anklageverlesung übergeben worden. Rechtsanwalt Uwe Maeffert sprach von einem "erschütterten Vertrauen" in die Staatsanwaltschaft und einem "abgestimmten Verhalten" von Gericht und Staatsanwaltschaft. Den Vorwurf wies die Kammer gestern zurück.