Der Gastronom und seine Familie wurde überfallen und erpresst, ihr Leben brutal aus den Angeln gehoben. Zwei Angeklagte stehen jetzt vor Gericht.

Neustadt. Mehrere Abende lang hatten die Täter das Haus observiert. Die Örtlichkeiten und die Gewohnheiten der Bewohner ausgespäht, von denen sie sich richtig fette Beute erhofften. Die Verbrecher hatten es auf Franco Cuneo abgesehen, Inhaber des Traditionslokals und Promi-Italieners auf dem Kiez. Den Mann, bei dem schon Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bond-Darsteller Pierce Brosnan speisten. In der Nacht zum 29. März wurde der Gastronom zum Opfer. Die Täter überfielen den 69-Jährigen an seinem Haus, fesselten und bedrohten ihn und seine Frau und erpressten Bargeld und Schmuck. Etwa drei Wochen später wurden den Opfern Erpresserbriefe geschickt, mit denen sie zur Zahlung von weiteren 22.500 Euro gezwungen werden sollten. Bei der Übergabe wurden zwei Verdächtige gefasst. Seit gestern müssen sich die beiden mutmaßlichen Gewalttäter vor dem Landgericht verantworten.

Das Verbrechen hat das Leben von Franco Cuneo, der sein seit 1905 bestehendes Restaurant in dritter Generation führt, auf brutalste Weise aus den Angeln gehoben. Das Gefühl von Sicherheit ist zerstoben, die Idylle zerstört, sein Haus ist nicht mehr Stätte der Geborgenheit, die es mal war. Jetzt lauern dort die Schatten der Angst. Tagelang konnte der Gastronom das Gebäude nicht mehr betreten. Dann, zunächst nur stundenweise, sein Versuch, das Trauma und die Furcht zu bezwingen. "Es geht meinen Mandanten seit dem Überfall sehr schlecht", sagt der Anwalt der Familie, Wolf Römmig, am Rande des Prozesses. Franco Cuneo sei in psychologischer Behandlung. "Die Familie ist froh, wenn sie das hier überstanden hat." Das Ehepaar sowie Tochter und Geschäftsführerin Franca, 31, die die Erpresserbriefe empfing und daraufhin die Polizei einschaltete, sind Nebenkläger im Prozess. Am dritten Verhandlungstag wird ihre Aussage erwartet.

Die Staatsanwaltschaft wirft Berkant D., 23, unter anderem schwere räuberische Erpressung vor, Mohammad N., 25, muss sich wegen Beihilfe verantworten, auch weil er das Haus mit ausgespäht haben soll. Laut Anklage lauerte Berkant D. mit einem noch unbekannten Täter Franco Cuneo vor dessen Haus auf. Was die Opfer dann durchstehen mussten, gleicht einem zermürbenden Albtraum: Der 69-Jährige wurde mit einem Teleskopschlagstock verletzt und ins Gebäude gestoßen. Die Täter fragten nach Geld, fesselten das Opfer und dessen Frau mit Kabelbindern, verklebten zudem Franco Cuneo den Mund, sodass er Atemnot bekam. Auf diese Weise erpressten sie Bargeld sowie Schmuck.

Doch mit dieser Beute gaben sie sich nicht zufrieden: Es müssten mindestens 60.000 Euro im Haus sein, forderten sie laut Anklage. Sie schlugen Franco Cuneo und drohten, sie würden ihm einen Finger abschneiden, wenn sie nicht mehr bekämen. Die Verbrecher wurden immer aggressiver und sagten demnach unter anderem, sie seien "nur die Kleinen". Wenn ihre Komplizen kämen, würde es "noch ganz anders aussehen". Als der Gastronom ihnen aus Angst 20.000 Euro bot, die er in den nächsten Tagen zahlen werde, ließen sie von ihren Opfern ab.

Doch Tage später fand Tochter Franca im Briefkasten ihrer mittlerweile verreisten Eltern Erpresserbriefe. Darin verlangten die Täter in Anspielung auf das Verbrechen 22.500 Euro, "um diesem Sturm ein Ende zu bereiten". Die 31-Jährige, bereits im Februar dieses Jahres Opfer eines Raubüberfalls in ihrer Wohnung, informierte die Polizei, die bei einem vereinbarten Geldübergabetermin Berkant D. und Mohammad N. festnahm.

Er sei tatsächlich an dem Verbrechen beteiligt gewesen, räumte der Angeklagte Berkant D. ein. Zwei Bekannte von ihm hätten mit einem Überfall geprahlt, daraufhin habe er für das nächste "Ding" seine Hilfe angeboten. Er habe bei der Observation mitgemacht und Sturmhauben, Handschuhe sowie einen Baseballschläger zum Einschüchtern besorgt. Doch als er erfahren habe, dass sie Kabelbinder und Klebeband zum Fesseln dabeihatten, habe er "kalte Füße bekommen" und sei ausgestiegen. Das Haus der Familie Cuneo habe er nicht betreten. Später habe er sich indes als "Versager und Feigling gefühlt" und angeboten, die Erpressung per Brief durchzuziehen. Mehrfach habe er mit Franca Cuneo telefoniert und diese zum Ort der Geldübergabe dirigiert.

Berkant D. sagte gestern: "Meine finanzielle Lage war nicht in Top-Form." Der Prozess wird fortgesetzt.