Neues Verkehrskonzept sieht Brückenbau, Leitsystem für Autofahrer und zusätzliche Buslinien vor

HafenCity. Bis zu 20 000 Besucher täglich werden von 2015 an, sofern sie dann fertig sein sollte, in der Elbphilharmonie erwartet, Tausende Touristen könnten das Bauwerk an schönen Wochenenden zusätzlich von außen sehen wollen - Tourismusexperten fordern daher schon seit Längerem ein schlüssiges Verkehrskonzept für die westliche HafenCity. Andernfalls könne es dort an manchen Tagen zu langen Staus und tatsächlich Chaos auf den Straßen und Gehwegen kommen - und die Elbphilharmonie weiter von negativen Schlagzeilen geprägt sein. Jetzt reagiert die Stadt und legt ein ganzes Maßnahmenbündel vor, mit dem der Stadtteil vernünftig erschlossen werden soll. Kostenlose Parkplätze rund um den Kaiserkai soll es demnach beispielsweise nicht mehr geben, wie die HafenCity GmbH gestern bei einer Anwohner-Information verkündete. Im Oktober wird zudem ein Parkleitsystem im Stahl-Beton-Glas-Stadtteil in Betrieb gehen; der HVV plant - rechtzeitig zur Eröffnung der neuen U 4 Ende des Jahres - auch neue Buslinien in der HafenCity.

Und: Auch bei der direkten Erschließung der Elbphilharmonie über die Sandtorhafen-Klappbrücke rückt die Stadt offenbar von alten Sparplänen ab. Wie die SPD-Bürgerschaftsfraktion gestern informierte, soll rechtzeitig zu der nun für 2015 erhofften Eröffnung eine neue, leistungsfähige Klappbrücke die erst 1996 gebaute Konstruktion ersetzen. Die Fraktion bestätigte damit einen Bericht der "Bild"-Zeitung. Nach Abendblatt-Information gibt es zudem Signale von privater Seite, den Bau dieser Brücke finanziell zu unterstützen.

An der Stelle muss es eine teure Klappbrücke sein - um den Traditions- und Ausflugsschiffen den Weg in und aus dem kleinen, im Jahr 2008 erbauten Hafen zu ermöglichen. Unter anderem die Mängel an der alten Klappkonstruktion hatten zuletzt zu erheblicher Kritik am Verkehrskonzept für die westliche HafenCity geführt. Der CDU geführte Vorgängersenat hatte eine neue Brücke geplant, die mit rund 12,4 Millionen Euro kalkuliert worden war. Der SPD-Senat stoppte das Projekt aus Kostengründen, und ein geplatztes Hydraulikventil an der offensichtlich überlasteten Brücke wurde nur notdürftig repariert. Die Sparversion der SPD: Die Brücke sollte für rund drei Millionen Euro nur auf das neue, sturmflutsichere Niveau angehoben werden. Erst später, so der Plan, könne man ja noch eine Fußgängerbrücke nebenan bauen.

Von einem Schildbürgerstreich, der zu einem Chaos führen würde, sprach der Vorsitzende des Hamburger Tourismusverbands, Thomas Magold, seinerzeit und forderte einen Neubau, damit Taxis, Pkw und Fußgänger die Elbphilharmonie erreichen können. Die Kritik fiel nun offenbar auf fruchtbaren Boden, es folgte die Kehrtwende: Die SPD habe sich "im Grundsatz" darauf verständigt, eine bedarfsgerechte Lösung anzustreben, meldete deren Fraktion. Für den dazu notwendigen Brückenneubau werden aktuell zehn Millionen Euro kalkuliert. Dieses Geld würde man zusätzlich zu den schon 17 Millionen Euro bereitstellen, die bereits jetzt für die Gesamtanbindung der westlichen HafenCity von der U-Bahn Baumwall aus als Investition geplant waren. SPD-Verkehrsexpertin Martina Koeppen: "Zwei Klappbrücken nebeneinander erscheinen uns wenig sinnvoll, im Gegensatz zu einer, von vornherein breiteren Brücke für alle." Mit der neuen Brücke sollen vor allem Fußgänger, Taxis und Shuttlebusse die Elbphilharmonie erreichen können. Die Anbindung gilt ohnehin als schwierig, weil es für das neue Konzerthaus keinen großen Vorplatz gibt. Tourismusverbandchef Magold begrüßte gestern den neuen Plan. "Das ist einfach super", sagte er. Auch Äußerungen aus dem privaten "Freundeskreis der Elbphilharmonie", den rechtzeitigen Bau einer neuen Brücke finanziell zu unterstützen, bezeichnete er als ein"sehr positives Signal für Hamburg". Nach Abendblatt-Informationen ist im Gespräch, den Bau mit einem einstelligen Millionenbetrag mit auf den Weg zu bringen.

Aber auch mit einem Neubau bleibe die Erschließung noch schwierig, warnte Magold. Wichtig seien weitere Maßnahmen wie eine vernünftige Parkraumbewirtschaftung rund um das neue Konzertgebäude. Magold: "Doch das ist alles machbar, und es bleibt noch Zeit." Tatsächlich sind erste Ansätze in der Umsetzung: Nach Informationen der HafenCity GmbH sollen jetzt an den Straßen Am Kaiserkai, Großer Grasbrook und Dalmannkai Ticketautomaten aufgestellt werden - Parken ist damit nicht mehr kostenlos. Und wie der HVV bestätigt, wird es auch die neue Buslinie 111 (Hafenrandlinie) von Dezember an geben, die von Altona in die HafenCity fährt. Die Linie 6 werde im Gegenzug nur noch bis in die Speicherstadt fahren.

Bei den Oppositionsparteien in der Bürgerschaft stieß der Beschluss der SPD zum Brückenneubau unterdessen auf unterschiedliche Reaktionen. Die CDU begrüßte die Entscheidung, weil damit ein "Schildbürgerstreich" verhindert werde. GAL und FDP übten Kritik. Nach Auffassung der Liberalen, seien die Millionen an anderer Stelle der Stadt besser investiert, um Staus zu verhindern. Und die GAL hält es für "vertretbar", wenn Besucher zu Fuß gehen, statt Taxis zu benutzen. GAL-Politiker Till Steffen: "Bei Fußballspielen und Konzerten marschieren auch Tausende Menschen von der S-Bahn durch den Volkspark, ohne sich zu beschweren."