Kulturredakteurin Karolin Jacquemain lebt in Rotherbaum und hat auf der Veddel eine neue Seite der Stadt kennengelernt.

Mein Lieblingsplatz

Lilafarbene Bistrostühle, lila Badehandtücher auf den Sofas, sogar die Zuckerdosenhäubchen sind lila. Um fünf Uhr früh öffnet das Café Scotland Yard an der Veddeler Brückenstraße; die meisten Gäste suchen einen Platz nahe der Theke, wo Besitzerin Audrey Pale Hendry über Thai-Mangos plaudert und ihr kehliges Lachen durch den nach Blätterteig duftenden Raum schickt – mit Zöpfen und Baskenmütze sieht sie aus wie aus einem französischen Bistro herausgeplumpst. Und wenn sie den Gast mit „Byebye, dear“ verabschiedet, kann der Tag so schlecht nicht werden.

Der Klassiker

Nirgendwo schmeckt Fisch so gut wie hier. Die Speisekarte in der Veddeler Fischgaststätte – die älteste Fischgaststätte Hamburgs – ist übersichtlich, was aber niemanden stört. Der Gast bestellt Backfisch mit Kartoffelsalat und Remouladensauce – zubereitet nach Geheimrezepten von 1932, versichert Besitzer Wolfgang Göttsche. Seit 2011 ist die Gaststätte zertifiziert als „Historisches Wirtshaus in Deutschland“. Hier steht die Kundschaft zu Stoßzeiten bis auf die Straße – mit Blick auf Bahntrassen, Industriehallen und die angrenzende Zollstation.

Ideal für ...

Die Veddel gehört nicht unbedingt zu den Stadtteilen, die man schönheitsverliebten Besuchern zeigt, die für ein Wochenende die Stadt besichtigen – obwohl das Auswanderermuseum über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. Wer hierherkommt, muss sich auf das Viertel einlassen; nur so kommt man in Kontakt mit den alten Veddelern, die teilweise seit Generationen hier leben und dem Stadtteil in direkter Wasserlage treu verbunden sind. Einen guten Einblick in das internationale Miteinander bietet das jährliche Stadtteilfest.

E-Mail: karolin.jacquemain@abendblatt.de