Bund der Steuerzahler kritisiert im40. Schwarzbuch wieder unnötige Kosten. Drei Fälle aus Hamburg - unter anderem ein Grundstücksdeal

Hamburg. Ein nebulöses und anscheinend überteuertes Grundstücksgeschäft im Hafen, die "Palmen-Posse" von Rahlstedt und eine unter absurden Argumenten verlagerte Alsterfontäne - das sind drei Hamburger Fälle, die der Bund der Steuerzahler in seinem 40. Schwarzbuch "Die öffentliche Verschwendung" anprangert.

"Das Bewusstsein in der Verwaltung, dass sie mit fremdem Geld arbeitet, nämlich mit dem der Steuerzahler, ist noch zu wenig ausgeprägt", sagte Frank Neubauer, Vorsitzender des Steuerzahlerbunds in Hamburg. Auf eine konkrete Summe, die im vergangenen Jahr unnötig ausgegeben wurde, wollte er sich nicht festlegen. Wenn die Behörden es mit der Sparsamkeit etwas genauer nehmen würden, könnte das strukturelle Defizit im Etat der Stadt von 600 bis 700 Millionen Euro pro Jahr aber beseitigt werden, so Neubauer. Bundesweit kritisierte der Steuerzahlerbund gestern die Verschwendung von Milliarden Euro - unter anderem am neuen Berliner Großflughafen oder für die zweimalige Überholung des Segelschulschiffs "Gorch Fock".

Der krasseste Fall in Hamburg bezieht sich auf die Pläne für das neue Central Terminal Steinwerder (CTS) im Hafen. Für den Bau müssen dort ansässige Firmen umgesiedelt werden. Mit dem Logistikunternehmen Buss vereinbarte die Stadt daher noch zu Zeiten des CDU-geführten Senats eine Ausgleichszahlung von 118 Millionen Euro, damit es eine langfristig gepachtete Fläche räumt. Das kritisiert der Steuerzahlerbund nun, da es noch gar keine Beschlüsse zu Steinwerder gebe. "Ein öffentliches Interesse an dem Deal besteht also nicht unmittelbar", heißt es im Schwarzbuch. Neubauer sagte, er habe "erhebliche Zweifel", ob die Zahlung haushaltsrechtlich in Ordnung sei. Die Hafenbehörde HPA könne doch nicht einfach 118 Millionen Euro ausgeben, ohne die Zustimmung von Senat oder Bürgerschaft einzuholen. Außerdem halte er den Betrag für zu hoch - und zwar "um mindestens 20 Millionen".

"Pikant" sei zudem, dass ein Buss-Manager kurz nach dem Grundstücksgeschäft zur HPA gewechselt war. Entgegen der Aussagen des früheren CDU-Senats sei der Manager "sehr wohl in die Vertragsverhandlung involviert" gewesen, so der Steuerzahlerbund.

Zwei weitere Beispiele aus Hamburg: In Rahlstedt ließ der Bezirk Wandsbek zwölf Hanfpalmen pflanzen, die sich dann zur Überraschung der Verwaltung nicht als natürliche Freunde des norddeutschen Winters entpuppten. Das Ableben der exotischen Schönheiten wollte der Bezirk aber auch nicht wahrhaben und ließ es von Gutachtern bestätigen. Fazit im Schwarzbuch: "Jetzt werden die Pflanzen wie Unkraut entsorgt, und der Steuerzahler bleibt auf Kosten in Höhe von 15 000 Euro sitzen."

Ebenso absurd erscheint die Verlegung der Alsterfontäne nach Harburg. Auf die Frage der FDP-Fraktion, warum die Pumpe für 15 Tage statt Alsterwasser den Inhalt des Außenmühlenteichs in die Luft pustete, hatte der Senat offiziell erklärt: "Durch das künstlerische Mittel der Ortsverschiebung beziehungsweise Mittelpunkt-Verlegung der Fontäne nach Harburg wird sie vorübergehend von ihrer starren Zeichenhaftigkeit befreit, und es wird ermöglicht, sie wieder unmittelbar als Skulptur zu sehen." Kosten: 20 000 Euro - davon 8500 Euro aus der Stadtkasse, den Rest übernahmen Spender. "Wir können ja mal in den Bezirken herumfragen, irgendwo findet sich sicher ein Teich, auf dem man die Fontäne noch aufstellen könnte", sagte Neubauer.

Im Streit um die Elbphilharmonie unterstützte er überraschend deutlich die Haltung des Baukonzerns Hochtief. Dass der die Arbeiten am Dach wegen statischer Bedenken eingestellt habe, sei strafrechtlich völlig verständlich, so Neubauer. "Wir haben da einen Konzertsaal mit 2000 Menschen, stellen Sie sich vor, da passiert etwas." Der Stadt warf Neubauer vor, dass sie die Gutachten, die die Sicherheit des Daches belegen sollen, nicht an Hochtief herausgibt. So habe sie mit dazu beigetragen, dass ein Schaden von bis zu 100 Millionen Euro entstehen könnte.

Außerdem rügte der Bund, dass der Spazierweg auf den Energieberg Georgswerder noch einmal 350 000 Euro mehr als die geplanten drei Millionen Euro kostet. Weil der Stelzen-Weg nachts beleuchtet ist, spricht Neubauer nur spöttisch vom "Heiligenschein".

Generell forderte er die Mitglieder der Bürgerschaft auf, ihrer Kontrollfunktion gegenüber dem Senat stärker nachzukommen. Der Steuerzahlerbund erwäge sogar, künftig per Postwurfsendung auf Abgeordnete hinzuweisen, die große Ausgaben unkritisch bewilligen. Geschäftsführer Marcel Schweitzer ergänzte, dass die Rolle der Politiker besonders in Zeiten einer absoluten Mehrheit, wie sie jetzt die SPD habe, kritisch zu sehen sei. Mit Blick auf die Fraktion müsse man fragen: "Ist das Stimmvieh? Oder üben die ihren verfassungsmäßigen Auftrag aus?" Immerhin räumte Schweitzer ein, dass die Ab geordneten häufig gar nicht die Zeit bekämen, eine Entscheidung reiflich zu überdenken - etwa bei der Hapag-Lloyd-Rettung. Dann sei es aber ihre Pflicht, diese Zeit einzufordern und eine Abstimmung notfalls zu verlegen.