Olaf Meuser, Vorsitzender des Bankenverbands Hamburg, will Vertrauen der Kunden zurückgewinnen und fordert durchschaubare Finanzprodukte.

Hamburg. Trotz der neuen Eigenkapitalvorschriften für Banken wird sich das Kreditangebot für kleine und mittelgroße Firmen nicht verknappen - das erwartet Olaf Meuser, Vorsitzender des Bankenverbands Hamburg. Eher werde das Gegenteil der Fall sein: "Die Hinwendung der Banken zum deutschen Mittelstand verschärft den Wettbewerb." Denn gemessen an der Bonität sei der Mittelstand ein "sehr guter Kunde" - und das bedeutet, dass die Banken derartige Kredite gemäß den neuen Richtlinien mit der Bezeichnung "Basel III" nur mit vergleichsweise wenig Eigenkapital absichern müssen.

Allerdings gibt es dabei eine Ausnahme, die gerade für Hamburg bedeutsam ist: Die Commerzbank hat angekündigt, ihre Sparte Schiffsfinanzierung mit Sitz in der Hansestadt zu schließen; hinzu kommt noch, dass die HSH Nordbank aufgrund von EU-Auflagen ihr entsprechendes Geschäft stark reduzieren muss. "Unabhängig von aktuellen Entscheidungen einzelner Institute stellen wir schon seit längerer Zeit fest, dass sich der Schiffsfinanzierungsmarkt wandelt", sagt Meuser, im "Hauptberuf" Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Bank Region Hamburg/Schleswig-Holstein. "Einige etablierte Anbieter stoßen tendenziell Portfolien ab, während gleichzeitig vereinzelt neue Anbieter hinzukommen, zum Beispiel aus den USA und dem asiatisch-pazifischen Raum." Es bleibe aber abzuwarten, ob sie die Schiffsfinanzierung nachhaltig als Kerngeschäft betreiben wollten. "Sicher erscheint jedenfalls, dass die Schiffsfinanzierer vor dem Hintergrund der neuen Basel-III-Regeln fortan mit spitzerem Bleistift rechnen müssen", so Meuser. Kunden aus der Schifffahrt würden deshalb ihre Finanzierungsquellen künftig breiter aufstellen. Dabei sei ein Trend zur stärkeren Nutzung der Kapitalmärkte - etwa in Form von Anleihen - bereits jetzt erkennbar.

Allerdings erwartet Meuser, dass zumindest die etwas größeren Mittelständler auch aus anderen Branchen in den nächsten Jahren verstärkt Anleihen oder Schuldscheine zur Kapitalbeschaffung nutzen werden: "In Deutschland finanzieren sich die Unternehmen heute noch zu 80 Prozent über Bankkredite, in anderen Ländern nur zu 30 Prozent." Die zunehmende Kapitalmarktorientierung komme den privaten Banken, die der von Meuser geleitete Verband vertritt, entgegen. Denn "dabei ist es entscheidend, wer den besten Kontakt zu den Investoren hat, denen man diese Papiere anbieten kann".

Im Privatkundengeschäft aber steht die gesamte Bankenbranche gleichermaßen vor der Herausforderung, das im Zuge der Finanzkrise verlorene Vertrauen der Öffentlichkeit wiederzugewinnen. "Da ist einiges Porzellan zerschlagen worden", räumt Meuser ein. Zu den Voraussetzungen dafür, erneute Enttäuschungen bei den Kunden zu vermeiden, gehören nach seiner Überzeugung einfache, durchschaubare Finanzprodukte. Im Unterschied zu vielen seiner Branchenkollegen lehnt Meuser die Pläne der Bundesregierung für den Einsatz von staatlich beauftragten "Testkäufern" zur Kontrolle der Beratungsstandards nicht grundsätzlich ab. Allerdings setzten bereits etliche Institute aus eigenem Antrieb derartige Prüfer ein. Der Erfolg sogenannter Mystery Shopper dürfe aber nicht überbewertet werden, da diese oftmals durch ihr Verhalten auffällig seien und als Testkäufer erkannt werden könnten. Zudem missfällt Meuser die Haltung mancher Verbraucherschützer, "die den Kunden generell keine Urteilsfähigkeit zutrauen". Ohnehin hätten sich deren Ansprüche als Folge der Finanzkrise deutlich gewandelt: "Sicherheit kommt eindeutig vor Rendite."

Im Hinblick auf den Bankenstandort Hamburg ist Meuser verhalten zuversichtlich. Zwar ist der Spardruck in den Finanzkonzernen hoch, aber die Stadt stehe dabei nicht zwangsläufig auf der Verliererseite: "Verwaltungsfunktionen werden an weniger Standorten als bisher konzentriert - und meist gehört Hamburg zu diesen Standorten."

Mit dem Hamburger Senat ist der Verband insgesamt zufrieden: "Der Senat verfolgt eine der Wirtschaft zugewandte Politik. Was den Unternehmen hilft, nützt auch der Finanzbranche." Eine Einschränkung macht Meuser aber: "Die Verkehrssituation wird immer schwieriger, und das hemmt letztlich die Wirtschaftsleistung. Was wir brauchen, ist eine Verkehrspolitik aus einem Guss für die Metropolregion."

Gespannt ist Meuser auf die vom Senat geplante Investitions- und Förderbank. "Der Zugang zu den verschiedenen Fördermitteln soll gebündelt werden, und das kann man nur begrüßen." Allein für die Finanzierung bestehe am Hamburger Markt aber kein Bedarf für ein solches Institut. "Außerdem stellt sich die Frage, ob dort womöglich Kredite vergeben werden, die von anderen Banken aus guten Gründen bereits abgelehnt wurden", so Meuser. Man könne zwar lernen, die Erfolgsaussichten von Investitionen einzuschätzen, "aber meist lernt man aus Erfahrungen."