Hamburg kommt in Bewegung. Klubs und Vereine stellen sich am Wochenende bei einem landesweiten Tag der offenen Tür vor

Altstadt. "Haltet den Dieb!", schallte es gestern über die Mönckebergstraße, und mancher Passant drehte sich erschrocken um, als er plötzlich zehn junge Männer in Sportdress jemandem hinterherrennen sah. Der Verfolgte trug ein ledernes, braunes Ei in seinen Händen und versuchte es hinter einer imaginären Linie auf dem Asphalt der Einkaufsstraße zu platzieren, bevor die ihn hetzende Meute erreichte.

Mit Aktionen wie der des Rugby-Clubs HRC wollen Hamburger Vereine auf das erste Sportvergnügen aufmerksam machen, zu dem am Sonnabend und Sonntag 53 Klubs im gesamten Stadtgebiet ihre Übungsstätten öffnen. Mehr als 70 Mitmachangebote stehen auf dem Programm, alle sind kostenlos. Auch die Rugbyspieler sind dabei. Sie laden am Sonnabend von 10 Uhr an auf ihren Sportplatz an der Saarlandstraße zum Kinder- und Jugendtraining ein. Um 15 Uhr tritt die erste Mannschaft des HRC zum Bundesligaduell gegen den FC St. Pauli an. 1000 Zuschauer werden erwartet.

Mit dem Sportvergnügen hat der Sportbund HSB eine Idee aus der Kultur übernommen. Den langen Nächten der Museen oder Theater sollte eine lange Nacht des Sports folgen mit zentralen Veranstaltungen in der Innenstadt. Nicht nur die Kosten der zunächst beauftragten Dresdner Agentur, die rund 200 000 Euro für das Event veranschlagte, schreckten den HSB, auch der Protest seiner Vereine. Die wollten ihre Angebote dort präsentieren, wo sie zu Hause sind, in ihren Stadtteilen, nicht in der City, wo sie hauptsächlich Touristen vermuten. Schließlich ist ein Ziel der Aktion, neue Mitglieder zu gewinnen. Das half auch die Kosten zu senken. Der Etat beläuft sich jetzt auf rund 50 000 Euro.

Mit mehr als 550 000 Vereinsangehörigen, darunter rund 82 000 Fußball-Supporter des HSV (70 000) und des FC St. Pauli (12 000), ist der Sportbund mit seinen 800 Klubs bereits heute die größte Personenorganisation der Stadt, doch die Zahl der Sporttreibenden gilt als weit größer. Umfragen gehen von mehr als 1,1 Millionen Hamburgern aus, die sich regelmäßig bewegen, das heißt mindestens zweimal im Monat. Rund 200 000 tun dies in kommerziellen Fitnesseinrichtungen, geschätzte 400 000 aber ohne Anbindung an irgendeine Institution. Die Topografie der Stadt bietet ihnen an Alster, Elbe und in den zahlreichen Parks und Grünanlagen ausreichende Möglichkeiten, dem sportlichen Vergnügen nachzugehen. Mit seinem neuen Konzept des Parksports, mit der Aufwertung dieser Flächen, unterstützt der SPD-Senat selbst diese Klientel. "Natürlich wollen wir möglichst viele dieser Leute in die Vereine holen", sagt HSB-Präsident Günter Ploß, 65, "und dazu soll auch das Sportvergnügen dienen. Wir wollen den Menschen zeigen, dass Sporttreiben im Verein mit Gleichgesinnten und guten Trainern am schönsten und effektivsten ist." Dass sich nur 53 der 800 Hamburger Klubs am Wochenende präsentieren, hält Ploß dennoch für einen erfolgreichen Anfang: "Allein Mehrspartenvereine sind momentan in der Lage, diesen Aufwand neben dem laufenden Sportbetrieb zu leisten." Im nächsten Jahr, nach Auswertung der Premiere, sei jedoch das erklärte Ziel, die Angebotspalette merklich zu erweitern.

"Gerade ist festgestellt worden, dass 50 Prozent der Deutschen übergewichtig sind, aber nur jeder Dritte ist Mitglied in einem Sportverein. Da sehe ich für die Klubs ein großes Potenzial, noch mehr Menschen auch im Sinne von Gesundheit und Prävention in Bewegung zu bringen", sagt Ploß. Der neue Sportamtsleiter Thomas Beyer, 59, wünscht sich deshalb die Krankenkassen als künftige Partner des Sportvergnügens sowie die privatwirtschaftlichen Einrichtungen, die Studios, die diesmal noch außen vor sind.

Zu den prominenten Paten des Sportvergnügens gehören "Tagesschau"-Sprecher Thorsten Schröder, 44, und Olympiaruderer Bastian Seibt, 34. Triathlet Schröder wird am Sonntag um 11 Uhr im Stadtpark an einem speziellen Dreikampf aus Stand-up-Paddling, Klettern und Frisbee-Golf teilnehmen. Seibt will sich in verschiedenen Vereinen in artfremden Sportarten versuchen, im Tennis, Tischtennis, Volleyball und Fahrradfahren. Ein weiterer Höhepunkt ist am Sonnabend von 14 Uhr an das Training mit Beachvolleyballprofi Mischa Urbatzka, 29, auf den Sandflächen der ETV-Anlage an der Bundesstraße in Eimsbüttel. Und sogar eine deutsche Meisterschaft findet statt. Der Hamburger Schachklub richtet in seinem Zentrum an der Schellingstraße 41 in Eilbek am Sonnabend (ab 14 Uhr) und am Sonntag (von 9.30 Uhr an) die nationalen Titelkämpfe der Frauen im Blitzschach (Fünfminutenpartien) aus. Da sind ein wacher Geist und schnelle Finger gefordert - welch ein Vergnügen.

Weitere Informationen unter www.gemeinsamsindwirsport.de