Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Waren das herrliche Zeiten, als es noch richtig rumpelte in der Nationalmannschaft, als das Schönste am deutschen Fußball die Ergebnisse waren. Da verbreiteten die Kohlers, Buchwalds, Briegels, Försters und wie sie alle hießen die mit den Bügeleisen an den Füßen, Angst und Schrecken auf dem Platz. Da waren wir wer, denn am Ende gewannen meist die Deutschen, zwar nicht immer, wie der englische Stürmer Gary Lineker beklagte, doch immer noch oft genug. Die Weltmarke "Fußball made in Germany" stand für Blut, Schweiß und Tränen wie für unbeugsamen Willen, grandiose Aufholjagden und nimmermüden Einsatz. Der Respekt jeden Gegners war uns gewiss. Deutschlands Kampfmaschinen flößten Furcht ein.

Heute, in Zeiten des gepflegten Kurzpasses, wird der deutsche Fußball gepriesen, der virtuose Umgang der Özils und Götzes mit dem Spielgerät ruft weltweit Begeisterung hervor. Wir sind endlich angekommen in dem erlauchten Kreis der kunstfertigen Balltreter, der Brasilianer, Argentinier und Spanier, bei jenen, die mit dem Ball tanzen. Ein schöner Erfolg. Doch sind wir jetzt noch wer, wo wir unsere Alleinstellungsmerkmale verloren haben? Wo inzwischen jeder weiß, wie unsere Elf zu bekämpfen ist, mit deutschen Tugenden nämlich - wie es uns die Italiener bei der EM und jetzt die Österreicher bei der WM-Qualifikation vorgeführt haben.

Es muss nicht gleich die Rückkehr zum Rumpelfußball sein, aber will die Nationalmannschaft wieder Titel gewinnen, braucht sie auch die anderen Charaktere, mehr dieser Khediras, denen der Siegeswille ins Gesicht geschrieben ist. Nur: Dem deutschen Fußball scheinen diese Typen ausgegangen zu sein. Das ist ein Problem.