Nach Kompromiss zwischen Hafenverwaltung und Kulturbehörde bleiben zwei Gebäude unter Denkmalschutz. Sie werden für “kreative Nutzer“ saniert.

Veddel. Die fast 100 Jahre alten Rotklinkergebäude stehen mitten im Hafen auf der Veddel - und wirken wuchtig wie Trutzburgen aus einer anderen Zeit. Sie werden Peute genannt wie die gleichnamige Binneninsel an der Nordelbe. Zwei von ihnen dürfen bleiben, sie werden saniert und unter Denkmalschutz gestellt. Das hat der Senat beschlossen. Die Gebäude sollen später kreativen Nutzern zur Verfügung stehen. Ein weiterer Teil des Geländes bleibt der Hafennutzung vorbehalten. Darauf haben sich die Kulturbehörde, die Wirtschaftsbehörde und die Hafenbehörde HPA (Hamburg Port Authority) geeinigt.

Das Gebäudeensemble liegt wenige Autominuten vom Hauptbahnhof entfernt und bietet von den Dächern einen imposanten und für viele Hamburger sehr ungewöhnlichen Blick auf unsere Stadt. Erbaut wurden die Peute-Häuser für die ehemalige GEG Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Konsumvereine. Die Gebäude aus den 20er-Jahren dienten als Fabrik und Lager für diverse Waren, die in den vielen Konsumläden in den Siedlungsbauten der ehemaligen Stadterweiterungsgebiete verkauft wurden. Dem Ensemble komme nach Mitteilung des Senats sowohl eine stadt- als auch eine sozialgeschichtliche Bedeutung zu. Beide Gebäude bildeten "ein herausragendes und gut erhaltenes und baugeschichtlich bedeutendes Zeugnis der Hamburger Industriearchitektur" und hätten "eine große städtebauliche Wirkung".

Entstehen soll dort ein Mix aus kreativen Nutzern und Hafenwirtschaft. Eine reine klassische Kulturnutzung wird es nicht geben, denn das Projekt eines Kulturspeichers für das Zentrallager Hamburger Museen und eine Kulturnutzung des gesamten Geländes ist mit dem beschlossenen Abriss des dritten Großgebäudes vom Tisch. So fällt die Mitteilung von Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) eher neutral aus: "Mit der jetzt vereinbarten Lösung erreichen wir eine dauerhafte Erhaltung der besonders erhaltenswerten Gebäude 10 und 11. Die Gebäude werden nicht nur unter Denkmalschutz gestellt, sondern sollen künftig zusätzlich vor allem für eine kreative Nutzung zur Verfügung stehen."

Kulturschaffende wie Lisa Kosok, die Direktorin des Hamburgmuseums, hatten sich für einen Kulturspeicher eingesetzt. Mehr noch: Kosok hatte ein kulturelles Großprojekt auf dem gesamten Gelände, vergleichbar mit der Spinnerei in Leipzig, ins Gespräch gebracht. Dort wurde aus einem ebenso imposanten Ensemble alter Fabrikgebäude eine international beachtete Stätte für Künstler.

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Abgerissen wird nun das dritte Großgebäude, außerdem der für das Gebiet markante alte Schornstein aus Rotklinker und andere Teile wie Garagen, ein Heizhaus und eine Remise, sodass am Ende nur noch die beiden Hauptgebäude stehen bleiben.

Auf den frei werdenden Flächen will die Hafenverwaltung Gebäude für Logistikunternehmen errichten lassen. Einen Zeitplan gibt es dafür noch nicht, wie Alexander Schwertner, Sprecher der Hafenverwaltung, dem Abendblatt sagte. Zu frisch sei die Entscheidung.

Die Sanierung wird die Hafenverwaltung selber ausführen. Die Architektenausschreibung ist schon beendet: Die Wahl fiel nach Mitteilung der Hafenverwaltung auf die vielfach ausgezeichneten PASD Architekten Feldmeier - Wrede aus Hagen. Der Erhalt der beiden Hauptgebäude und die Sanierung auf Kosten der Hafenverwaltung sei ein Kompromiss, dem ein langes und heftiges Ringen um die historisch einmaligen Gebäude vorangegangen war. Das Hamburger Denkmalschutzamt, das in der Kulturbehörde angesiedelt ist, hatte Ende 2011 in einer Blitzaktion das ganze Gelände nach ersten Abrissarbeiten der Hafenverwaltung unter vorläufigen Denkmalschutz gestellt und damit weitere Abrisse verhindert. Nun bedeutet der Kompromiss, dass die Hafenverwaltung "viel Geld" in die Sanierung steckt. Wie viel, das konnte ihr Sprecher nicht sagen.

Über die zukünftigen Nutzer aus dem Kreativbereich herrscht noch Unklarheit. Die Hafenverwaltung erklärte nur, dass das Tonstudio von Felix Siewert, das im Obergeschoss eines Hauptgebäudes liegt, dort auch künftig einen Platz haben soll.

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Über zukünftige Nutzer wisse man noch nichts. "Wir können auch nicht beurteilen, wie groß die Nachfrage ist", sagt HPA-Sprecher Alexander Schwertner. Darüber hinaus wurde einem Teil der bisherigen Nutzer mit Unterstützung der Kulturbehörde und der Hamburg Kreativ Gesellschaft neue Räume an anderen Standorten vermittelt.

Für den Erhalt hatte sich Klaus Lübke, SPD-Politiker im Bezirk Mitte und dort Sprecher der SPD-Fraktion für Denkmalschutz, eingesetzt. Er sagt zum Kompromiss: "Das ist ein kleiner Erfolg und ein großer Wermutstropfen. Schön ist der Erhalt von zwei Gebäuden. Jedoch werden das wertvolle große Zentrallager, die eigentümliche Remise und das liebenswerte Pförtnergebäude ohne den Nachweis der wirtschaftlichen Notwendigkeit abgerissen." Das entspreche nicht dem Beschluss der Bezirksversammlung und müsse als großer Verlust an Kulturgut gewertet werden. Lübke: "Denkmalschutz braucht in Hamburg mehr Wertschätzung und mehr Freunde."