Wenige Monate nach der Entscheidung, dass Amayo in Deutschland bleiben darf, änderte die schwarz-gelbe Bundesregierung die Gesetze für minderjährige Zuwanderer. Reicht das als politische Reaktion aus? Abendblatt-Autor Philip Volkmann-Schluck sprach mit Aydan Özoguz, der Integrations-Expertin der SPD-Bundestagsfraktion.

Hamburger Abendblatt:

Was ist besonders an dem Fall von Kate Amayo?

Aydan Özoguz:

Die Stimmung in unserem Land ist leider so: Wenn man pauschal über Asyl und Abschiebung spricht, dann gibt es eine eher ablehnende Haltung. Zuwanderer würden uns überrennen, heißt es dann, oder dass sie vor allem an unser Geld wollten. Aber sobald ein konkreter Fall der Öffentlichkeit bekannt wird, entwickelt sich meist eine breite Unterstützung. Dann stellen sich viele Bürger schützend vor die Menschen und sagen: Nein, man kann diese Person doch nicht abschieben. Das geschah in diesem Fall sehr eindrucksvoll.

Damals haben Sie diesen Fall als ein Beispiel dafür bezeichnet, dass das Bleiberecht dringend verändert werden muss.

Özoguz:

Unsere Gesetze bewegen sich in einem Widerspruch. Wir haben zunächst mal restriktive Regeln. Rein rechtlich gesehen sprach auch im Fall von Kate Amayo kaum etwas dafür, dass sie bleiben kann. Doch wir haben gemerkt, dass diese Vorgaben nicht der gelebten Realität der Betroffenen und auch nicht unseren gesellschaftlichen Vorstellungen entsprechen. Ein minderjähriges Mädchen, das seiner Mutter illegal hinterherreist und wenige Jahre später ein Spitzenabitur ablegt - warum sollte sie nicht bleiben dürfen?

Aber für Einzelfälle wie den von Kate Amayo gibt es im Zweifelsfall doch die Härtefallkommission.

Özoguz:

Wir haben Gesetze, und die Härtefallkommission eröffnet die Möglichkeit, in berechtigten Einzelfällen davon abzuweichen. Das ist der Sinn der Härtefallkommission. Ich war ja selber einige Jahre in dem Gremium.

Reicht dieser Gnadenweg?

Özoguz:

Die allgemeine Gesetzgebung wird nie auf jeden Einzelfall genau passen. Deswegen brauchen wir die Härtefallkommission weiter. In manchen Bundesländern sitzen die Flüchtlingsorganisationen dabei mit am Tisch. Das halte ich für den richtigen Weg.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat nach dem Fall die rechtliche Position minderjähriger Zuwanderer gestärkt. Wenn sie sechs Jahre in Deutschland leben, zur Schule gehen, haben sie gute Chancen auf ein Bleiberecht. Reicht Ihnen das?

Özoguz:

Die Erfahrung hat uns Sozialdemokraten gezeigt, dass sechs Jahre bei Jugendlichen zu lang sind. Überlegen Sie mal, was für eine Zeitspanne das im Leben eines jeden Kindes ist. Bei einer Duldung kommt dann die andauernde Unsicherheit dazu. Wir fordern, dass bereits ab vier Jahren die Möglichkeit besteht, ein gesichertes Bleiberecht zu erhalten. Dieser Zeitraum muss reichen, um zu zeigen, dass man sich hier gut einlebt.