Das Aufkommen sinkt in Hamburg innerhalb von zwei Jahren um fast zehn Prozent. Umweltforscher fordert: Mehr recyceln statt verbrennen.

Hamburg. Die Recycling-Offensive der Hamburger Stadtreinigung zeigt erste Wirkung. Nach Angaben der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) hat sich die Menge des Restmüllaufkommens pro Kopf von 290 Kilogramm im Jahr 2010 auf 281 Kilogramm im vergangenen Jahr verringert. Für das laufende Jahr rechnet die Behörde von Senatorin Jutta Blankau (SPD) sogar mit einem Rückgang auf nur noch 264 Kilogramm pro Einwohner.

Bis Ende 2011 hatte die Stadtreinigung Hamburg (SRH) bereits etwa die Hälfte der 885.000 Hamburger Haushalte an die getrennte Wertstoffsammlung mit grünen, blauen und gelben Tonnen angeschlossen. Und sie ist optimistisch, dass sich dieser Trend fortsetzt. Die Kombination aus finanziellen Anreizen und neuen Angeboten - jeder Haushalt kann eine gelbe Tonne für Plastik- und Metallmüll, eine blaue Papiertonne und eine grüne Biotonne kostenfrei bekommen - wirke bereits, sagte SRH-Sprecher Reinhard Fiedler.

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"Wir merken, dass das Restmüllaufkommen leicht rückläufig ist und gleichzeitig mehr recycelt wird." Die Mülltrennung in Hamburg rechne sich, weil dadurch das Aufkommen aus den grauen Tonnen entschieden reduziert werde. "Das drückt die Gebühren für die Verbraucher", sagte Fiedler. Letzlich aber sei die Stadtreinigung auf den Beitrag jedes einzelnen Hamburgers bei der Mülltrennung angewiesen. Die Einsicht, dass eine sorgsame Trennung der Hausabfälle vor allem auch der Umwelt hilft, sei in einigen Fällen noch verbesserungswürdig. Als Negativbeispiel nannte Fiedler die Restmülltonne: "Rund ein Fünftel des Inhalts ist heute noch Papier, das dort nicht reingehört."

Stadtreinigung und Umweltbehörde reagierten damit auf die Kritik des Umweltforschers Michael Braungart an Hamburgs Umgang mit dem Müllproblem. Braungart hatte gestern anlässlich der Ausstrahlung der NDR-Dokumentation "Goldgrube Müll" gesagt, dass Hamburg im bundesdeutschen Vergleich den meisten Müll erzeuge. Die Stadt liefere sich "mit Köln einen traurigen Wettlauf um das höchste Müllaufkommen pro Kopf".

Zugleich ließ der Leiter des Hamburger Umweltinstituts kein gutes Haar an der Abfallpolitik der Hansestadt: "Das Recycling steht bei uns auf verlorenem Posten, weil Hamburg massiv auf Müllverbrennung setzt." Ginge es nach Braungart, soll es vom Jahr 2030 an gar keine Müllverbrennung mehr geben. "Hamburg unterstützt mit den großen Kapazitäten der Müllverbrennungsanlagen den Müllimport aus dem Ausland", sagte Braungart. Die Stadt sei in diesem Punkt "trauriger Spitzenreiter".

Die Umweltbehörde räumte auf Anfrage ein, dass Hamburg im Vergleich mit anderen Bundesländern und ähnlichen Großstädten seit vielen Jahren die größte Restmüllmenge und die geringste Menge an getrennt gesammelten Wertstoffen aufweise. Gleichzeitig verwies die Behörde aber darauf, dass Hamburg eine Quote von rund 50 Prozent Single-Haushalten habe, "die tendenziell immer mehr Restmüll produzieren als Familien".

Auch der Vertrag mit der Müllverbrennungsanlage Stapelfeld (Kreis Stormarn) habe bereits gekündigt werden können. Er wird in vier Jahren auslaufen. Damit verbrennt die Stadt von 2016 an jedes Jahr rund 200 000 Tonnen Müll weniger als derzeit. Die Einrichtung vor den Toren Hamburgs ist eine von vier Müllverbrennungsanlagen, mit denen die Stadtreinigung Verträge abgeschlossen hat.

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Umweltforscher Michael Braungart reicht das alles nicht. Er sagte: "Das reiche Hamburg hat die größten Möglichkeiten und tut am wenigsten." Es fehle an Förderprogrammen für intelligente Entsorgungskonzepte und Müllvermeidungsstrategien. Die Stadtreinigung verwalte das Problem lediglich, sagte Braungart.

Den Verantwortlichen im Senat gab er einen Rat: "Wenn Hamburg etwas Anstand hätte, würde es den Titel Umwelthauptstadt zurückgeben."