Ein feiner Zug von Maike Schiller

Auf eines ist ja im Leben immer Verlass: Ob nun die Flughäfen streikbedingt zu Campingplätzen mutieren, die Autobahnen baustellenbedingt zum Endlosstau - einer, der trotzdem am liebsten herzhaft auf die Bahn schimpft, findet sich immer. So grundsätzlich und überhaupt. Das Bahnbeschimpfen ist hierzulande praktisch Breitensport - oder vielleicht eher: ein Kulturgut, je nach kreativer Ausgestaltung der jeweiligen Tirade halt.

Apropos Kulturgut und Bahn: Bis Ende November dürfen Opernfans aus ganz Deutschland, wenn sie online ein Ticket der Hamburgischen Staatsoper buchen, für 99 Euro herfahren (und auch wieder weg, klar). Je weiter, desto Schnäppchen. Eine pfiffige Marketing-Idee, von der auch der Konsument profitiert. Also, der auswärtige.

Was der Hamburger davon hat? Kleingeistige Frage. Die andererseits daran erinnert, dass die Documenta ja auch ein Kultur-Ticket-Spezial mit der Bahn vereinbart hat. Nur 39 Euro kostet die Fahrt nach Kassel, großflächig plakatiert. Auch in Hamburg. Erst im Kleingedruckten erfährt der Kunstfreund, dass dafür bloß ein Umkreis von 300 Kilometern vorgesehen ist. Und Hamburg? Liegt rund 307 Kilometer vor der Kunst. Knapp daneben ist halt auch vorbei. Die Hamburger bleiben also hier. Und teilen sich ihre Oper mit den Zugereisten. Die dann beim Pausensekt wahrscheinlich lustige Schaffner-Schnurren erzählen. Das heißt - wenn sie trotz Verspätung rechtzeitig hier sind.