Schneiderin wehrt sich gegen Auszug aus der Passage Neuer Gänsemarkt. Alle anderen Läden sind zu

Neustadt. Sie schwankt zwischen Existenzangst und ohnmächtiger Wut. Fariba Karimi, die sich als Maßschneiderin von Ballkleidern einen Namen gemacht hat, kämpft um ihre Existenz. In der Passage Neuer Gänsemarkt, in der sie die Schneiderei und einen Verkaufsraum betreibt, wird seit Anfang August die Komplettsanierung vorbereitet. Das Gebäudeinnere ist schon jetzt Baustelle, laut und staubig.

Alle Mieter, einschließlich des Selbstbedienungsrestaurants Essen & Trinken, haben das Einkaufszentrum aus den 1970er-Jahren bereits Ende Juli verlassen. Alle - außer Frau Karimi. Die sieht nicht ein, es den anderen gleichzutun. "Mein Mietvertrag läuft bis 2017", sagt sie. "Außerdem ist es schwer, bei den hohen Mieten in der City einen vergleichbaren Laden zu finden." Also harrt sie aus und wehrt sich.

Mit einer einstweiligen Verfügung hat sie erreicht, dass der Zugang zu ihrem Laden vom Gänsemarkt aus überhaupt wieder möglich wurde. Der war im Auftrag der Hausverwaltung Gator zunächst gesperrt worden. Außerdem musste eine Staubschutzwand unmittelbar vor ihrem Laden wieder abgebaut werden. Aber: "Niemand kann sehen, dass mein Geschäft geöffnet ist", sagt Karimi. Der Umsatz sei deshalb bereits stark zurückgegangen. Nächsten Freitag wird wieder verhandelt, dann geht es um die Frage, ob die Verfügung weiterhin Bestand hat und der Passagen-Charakter erhalten bleiben muss.

Die Hausverwaltung ist nach eigenem Bekunden an einer einvernehmlichen Lösung interessiert, vorrangig daran, dass Frau Karimi vorzeitig aus dem Mietvertrag aussteigt. Dafür hat man ihr viel Geld geboten, eine Summe im niedrigen sechsstelligen Bereich. Wenn sie darauf nicht eingeht, könne man eine Art Tunnel bauen, um sie vor dem Staub zu schützen, sagte Gator-Geschäftsführer Ulrich Wetterkamp. Baulärm ließe sich jedoch nicht verhindern. "Das Gebäude muss entkernt, die Haustechnik im Kellergeschoss und auf dem Dach erneuert werden", so Wetterkamp. Er rechnet mit mindestens 18 Monaten Bauzeit.

Die 1200 Quadratmeter große Passage gehört zu einem Gebäudekomplex, der im Besitz der Familie Herz (Tchibo-Erben) ist. Wie sie später genutzt wird, stehe noch nicht fest, sagt Wetterkamp. Voraussichtlich werde es künftig aber nur einen statt mehrerer Mieter geben.

Fariba Karimi hat seit zwölf Jahren einen Laden in der Passage Neuer Gänsemarkt. Sie will auch weiterhin bleiben. "Ich habe Angst, dass mich meine Kunden nicht finden, wenn ich wegziehe", sagt sie. Daher ist sie auch nicht auf das Angebot von Gator eingegangen. "Das Geld reicht nicht aus, um eine neue Existenz aufzubauen", sagt die Maßschneiderin, deren einst benachbarter Laden "Die Ballkönigin" mittlerweile in die Europa-Passage gezogen ist. Wegen der hohen Miete könne sie sich dort aber nur einen 30-Quadratmeter-Laden leisten - für ihre 1000 Ballkleider eine viel zu kleine Fläche.