Niemand weiß, wann der Berliner Großflughafen wirklich in Betrieb geht und die Elbphilharmonie tatsächlich startet

Der schöne neue Berliner Flughafen ist zwar noch lange nicht fertig, aber vermutlich wird sein Chef doch deutlich früher fliegen. Eigentlich ist er nur noch da, weil die Abfindung, die man ihm zahlen müsste, astronomisch ausfallen würde. Immerhin verdient der Mann 555 000 Euro pro Jahr, und sein Vertrag läuft bis 2016. Und freiwillig denkt dieser Rainer Schwarz natürlich auch nicht im Traum daran, den Abflug zu machen. Gestern, während der Aufsichtsratssitzung, hat der 56-Jährige wieder da gesessen wie angelötet. 555 000 Euro pro Jahr! Da kann man schon mal die Zähne zusammenbeißen, wenn einem die Vorwürfe und Beleidigungen um die Ohren fliegen! Vergleichbares wird Herr Schwarz ja nie wieder irgendwo ergattern können. Sofern überhaupt noch einmal jemand bereit sein sollte, ihn anzustellen.

Auf den Berliner Flughafen-Chef Rainer Schwarz haben sich inzwischen alle eingeschossen. Allen voran zwei Männer, die es zum Prinzip erhoben haben, so zu tun, als hätten sie mit der Sache nichts zu tun. "Stocksauer" sei er, hat Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) verkündet, als die Blamage offenkundig war, und dazu ein empörtes Gesicht aufgesetzt. Und Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat gesagt, dass man sich Regressforderungen vorbehalte. Dabei sitzen Wowereit - der Schwarz anfangs euphorisch als "Fachmann, den wir gesucht haben" angepriesen hat - und Platzeck seit Jahren an der Spitze des Aufsichtsrats, der über das Vorankommen des Großprojekts wachen soll.

Aber das kommt eben nicht voran. Das erste Mal sollte der Großflughafen Berlin-Brandenburg "planmäßig im November 2011" eröffnet werden. (O-Ton Schwarz.) Dann "garantiert" (O-Ton Schwarz) im Juni 2012. Aber daraus wurde dann bekanntlich auch nichts, weil sich herausstellte, dass der Brandschutz eine Katastrophe war. Deshalb hat es dann im August auch nicht geklappt. Die Anlagen hätten (O-Ton Schwarz) "nicht den Reifegrad erreicht, die eine Abnahme erlauben würden".

Immerhin flog da schon mal der Mann, der für die Technik zuständig war: Manfred Körtgen. Der, wie sich bei der Gelegenheit herausstellte, nebenher promoviert hatte! Und zwar, halten Sie sich fest, über die "Optimierungsansätze zur prozessorientierten Abwicklung komplexer Baumaßnahmen"! Kein Wunder, dass sich die Berliner vorkamen wie in einem Irrenhaus. Und die Brandenburger natürlich auch. Ist ja auch ihr Flughafen.

Den Hamburgern, die das alles mitverfolgt haben, kommt das wie ein Déjà-vu vor. Ihnen hatte man ja auch versprochen, dass sie 2010 in ihrer schönen neuen Elbphilharmonie sitzen würden. Und was erleben sie? Baustopps, Kostenexplosionen, Untersuchungsausschusssitzungen und Politiker, die auch nicht mehr wissen, was sie dazu sagen sollen. Wie hat die Kultursenatorin im Juni gemeint? "Im Augenblick sind wir nicht in der Situation, dass wir sagen können: Die Kuh ist schon ans Ufer geschwommen." Solche Sätze sorgen nicht gerade für Beruhigung, wenn man das mal anmerken darf!

Die Eröffnung der schicken Konzerthalle ist inzwischen so oft verschoben worden, dass jede neue Ankündigung - "2012", "2013", "2014" - nur noch ein müdes Lächeln auslöst. Ob das Eckpunktepapier, auf das man sich im Juli geeinigt hat, tatsächlich zur Fertigstellung bis August 2015 führen wird, steht in den Sternen. Oder, um beim Bild der Senatorin zu bleiben: Die Kuh schwimmt noch um ihr Überleben.

Apropos Preisexplosion: Der Berliner Großflughafen, der nun angeblich am 27. Oktober 2013 in Betrieb gehen soll, wird statt der einst veranschlagten 2,4 Milliarden voraussichtlich 4,3 Milliarden Euro kosten. Bei der Elbphilharmonie fällt die Relation noch haarsträubender aus. Mit 77 Millionen Euro hat man mal angefangen, Insider sprechen jetzt von 500 Millionen. Ein halbe Milliarde für eine Konzerthalle! Wow. Das wäre Weltrekord. Die Steuerzahler sind hier wie da sprachlos. Es wird sie auch nicht trösten, dass die Stuttgarter mit ihrem Mega-Bahnhof oder die Leipziger mit ihrem City-Tunnel gerade dasselbe in Grün erleben.