In Hamburg soll der Transport mit Binnenschiffen bis 2015 mehr als verdoppelt werden. Wirtschaftssenator Horch stellt Konzept vor.

Hamburg. Unter einem blauen Himmel und bei leichtem Wind zog die Barkasse "Anita Ehlers" gestern durch den Hamburger Hafen. Den Kreis von Hafen-, Elb- und Binnenschifffahrtsexperten an Bord hatte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) eingeladen. Der Hintergrund: Horch macht sich für eine stärkere Nutzung der Binnenschifffahrt für den Transport von Gütern in und aus dem Hafen stark. Denn die Transporte über den Fluss ließen sich mit relativ geringem finanziellen Aufwand deutlich ausweiten. "Mehr Transporte auf Binnenschiffen würden auch dazu beitragen, Kohlendioxid aus dem Lkw-Verkehr einzusparen und die Staus beim Abtransport der Boxen auf Hamburgs Straßen zu vermindern", ist Horch überzeugt.

Als erstes Ziel soll in Hamburg nun bis zum Jahr 2015 die Zahl der auf die Flussschiffe verladenen Boxen von derzeit gut 100 000 Standardcontainern (TEU) auf mehr als 250 000 steigen. Damit würde sich der Anteil an allen Containern, die nicht mit einem Zubringerfrachter auf See weitertransportiert werden, von zwei auf fünf Prozent erhöhen. Hamburg, derzeit beim Transport über Binnenschiffe Nummer drei in Deutschland, soll dann an Köln vorbeiziehen. Derzeit werden am Rhein jährlich 12,4 Millionen Tonnen auf Binnenschiffen transportiert. Hamburg kommt auf zehn Millionen Tonnen.

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Der Wirtschaftssenator stützt sich mit seinem Vorstoß auf eine Studie der Beratungsfirma Uniconsult Universal Transport Consulting aus dem Jahr 2009, die von einem Arbeitskreis aus Vertretern von Hafenunternehmen, Binnenschifffahrtsverbänden, Häfen sowie von Ministerien und der Wirtschaftsbehörde fortgeschrieben wurde. Das Ergebnis: Es gibt gute Chancen für eine stärkere Verlagerung von Transporten auf Elbe und Elbe-Seitenkanal.

"Wir gehen davon aus, dass der Transport auf Kanälen und Flüssen gegenüber heute insgesamt vervielfacht werden kann. Schon heute sind alle Containerterminals am Mittellandkanal und an der Elbe zudem so gut ausgebaut, dass sie beim Umschlag sofort um bis zu zehn Prozent zulegen können", sagte Karl-Heinz Ehrhardt, Geschäftsführer des Magdeburger Hafens und Leiter der Arbeitsgruppe.

Hierbei kommt den Binnenschiffern auch die Neuregelung der Zollbestimmungen für Container entgegen. So können sie mit der Abschaffung des Freihafens zum 1. Januar 2013 künftig drei Lagen von Containern übereinander an Bord nehmen. Dies war vorher nicht möglich, weil die Zöllner stets Zugang zu allen Boxen haben mussten. Vom nächsten Jahr an kann die Ladung aber direkt auf den Terminals abgefertigt werden. "Damit können künftig auf einem Schiff 234 statt bisher 144 TEU verladen werden", so Ehrhardt.

Allerdings klagt die Arbeitsgruppe weiter über zu wenig Tiefgang auf der Mittel- und Oberelbe sowie über den Engpass bei Scharnebeck. "Dort wird zwar das Hebewerk derzeit instand gesetzt. Die Becken im Hebewerk reichen aber nur für Schiffe bis 95 Meter Länge", sagte Björn Pistol, Projektmanager bei Uniconsult, einer Tochter der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA).

Zwar ist gleich nebenan eine Schleuse geplant, die für Schiffe mit bis zu 190 Meter Länge geeignet ist. "Doch wann die dafür notwendigen 250 Millionen Euro bereitstehen werden, ist derzeit offen", so Pistol. Rasch dagegen lasse sich die immer wieder versandende Durchfahrt zwischen Dömitz und Hitzacker beseitigen. "Werden die Bunen an beiden Ufern ausgebaut, erhöht sich die Fließgeschwindigkeit und die Strömung spült den Sand aus dem Fahrwasser", so Pistol. Für diese Maßnahme würden vier bis fünf Millionen Euro ausreichen. Ziel für eine ungehinderte Fahrt über die Elbe ist ein Tiefgang von 1,60 Meter an 345 Tagen im Jahr.

Horch kündigte gestern an, dass er die Forderungen Niedersachsens für einen Ausbau bei Scharnebeck unterstützen wolle. In Hamburg selbst will die Stadt für Liegeplätze im Petroleum- und im Kaiser-Wilhelm-Hafen sorgen. Außerdem will sich Horch für eine Förderung dieses Transporte einsetzen. Bisher profitieren die Terminals nur beim Verladen der Boxen auf Bahnwaggons, weil die Kosten für die Kräne bezuschusst werden. Auch beim geplanten Terminal auf Steinwerder sollen die Bedürfnisse der Binnenschiffer mit einbezogen werden. Arbeitskreisleiter Ehrhardt ist sich sicher: "Bis 2020 können Binnenschiffe sogar bis zu zehn Prozent aller Container für und aus dem Hinterland übernehmen."