Das Ehepaar Wildhagen aus Eppendorf hat seine etablierten Berufe aufgegeben und das “Wildhagen Kuriositäten Kabinett“ eröffnet.

Hamburg. In Hamburgs wohl ungewöhnlichstem Schaufenster steht ein ausgestopfter Schwan. Daneben sieht man präparierte Schmetterlinge, Krebse, Muscheln und andere Tiere. Die beiden Betriebswirte Daniel und Franziska Wildhagen haben sich mit ihrem Kuriositäten Kabinett einen Traum verwirklicht. Sie sammeln und verkaufen seltene ausgestopfte oder präparierte Tierarten und Pflanzen, darunter etwa kaum vorkommende Kokosnüsse und auch den einen oder anderen Tierschädel. Hinzu kommen Taschen aus Büffelleder und Stoff, die Franziska Wildhagen selbst entwirft und in einer Berliner Täschnerei fertigen lässt. Das Leder kommt aus einem französischen Unternehmen, bei dem auch der Luxuskonzern Hermès Kunde ist.

Wie kommen studierte und qualifizierte Menschen auf die Idee, ihre Jobs zu kündigen, und sich mit solchen Kuriositäten selbstständig zu machen? "Eigentlich war es der Laden", erzählt Franziska Wildhagen. "Vor gut zwei Jahren wurde ich schwanger, unsere Wohnung in Eppendorf wurde zu klein." Durch Zufall fand sie in der Neustädter Straße ein leer stehendes Geschäft mit angrenzender Vier-Zimmer-Wohnung. Früher war dort die Kneipe Schauermann, dann zog das Ehepaar ein. Franziska Wildhagen, die bereits 2010 auf dem Isemarkt ihre eigenen Taschen verkauft hatte, kündigte ihre Stelle als Marketingleiterin in der Süßwarenbranche. "Eigentlich wollte ich den Laden zum Designatelier machen", sagt sie. Denn auf dem Isemarkt rissen ihr die Eppendorfer Damen die selbst gemachten und nicht billigen Taschen (ab 289 Euro) aus der Hand. Doch dann meldete auch Ehemann Daniel Ansprüche auf den Laden an. Er kündigte seinen Job in der Werbebranche und baute eine ganz besondere neue Existenz auf, das Wildhagen Kuriositäten Kabinett.

"Mein Großvater war Tierarzt. Schon als Kind faszinierten mich Krebse", sagt er. Mit seinem Taschengeld kaufte er sich einige Exponate und baute eine kleine Sammlung auf. Später kamen Käfer und andere Tiere hinzu. Heute präpariert er Krebse, Käfer und weitere Exponate selbst, nur die großen ausgestopften Trophäen überlässt er einem anderen Fachmann. Die Preise beginnen bei fünf Euro für Insekten in Acryl gegossen.

Das Geschäft lief gut an. Die Wildhagens können bereits davon leben. "Der Durchbruch kam auf der Early Bird Messe in Hamburg", so das Paar. Sie stellten dort im Januar 2011 Taschen, die heute im Laden und im Onlineshop auf Bestellung verkauft werden, neben diversen Tierpräparaten und handgemachten Aufbewahrungskästen aus. "Wir konnten viele Kontakte knüpfen."

Tatsächlich gibt es in aller Welt Menschen, die Tierpräparate, ausgestopfte Trophäen und Ähnliches sammeln und dafür viel Geld ausgeben. Viele fragen auch schon in dem Hamburger Kuriositätenladen nach. "Vor allem ausgestopfte Pfauen sind gesucht", sagt Daniel Wildhagen. "Wir haben eine lange Warteliste. Denn wir lassen kein Tier töten, nur weil es ein Sammler nachfragt." Tiere oder Pflanzen, die unter Artenschutz stehen, sind ebenfalls für das Ehepaar tabu. Die beiden Firmengründer arbeiten eng mit dem Hamburger Naturschutzamt zusammen, mit dem Zoologischen Institut der Stadt und mit Schulen. Die Uni Hamburg sowie andere Hochschulen in Österreich, der Schweiz und weitere in Deutschland zählen inzwischen zu den Kunden.

Über einen Auftrag vom Haus des Waldes in Wilhelmsburg erweiterten die Existenzgründer sogar ihr Produktsortiment. Das Ehepaar wurde gebeten, handgemachte Vogeleier herzustellen. "Damit bieten wir erstmals ein künstliches Produkt an", so Wildhagen. Eine Sparte, die sich ausbauen lässt. Weitere Bestellungen könnten folgen, zumal 2013 in Hamburg die Bundesgartenschau stattfindet.

Neben Angeboten, die der Fachhandel vorhält, haben die Wildhagens seltene Sammlerstücke wie etwa zwei Schädel von afrikanischen Kaffernbüffeln, ein Gnu, aber auch außergewöhnliche große Pflanzensamen. "Es gibt auf der ganzen Welt nur eine Handvoll Geschäfte, die ein so breites Sortiment wie wir haben", so Wildhagen. Neben dem Verkauf vermietet er seine Stücke auch als Requisiten für Fotoshootings, bei denen kürzlich ein Krokodilschädel aus dem Kuriositäten Kabinett zum Einsatz kam, aber auch an Museen. Zudem plant die Familie, ihren Großhandel noch weiter auszubauen - mit eigenen Produkten. Wildhagens selbst aus Glas und Holz gefertigte Aufbewahrungskästen für Tierpräparate finden bereits reißenden Absatz - auch bei Schmuckhändlern, die in den mit einem Rahmen verzierten Kästchen den Kunden Ringe oder Halsketten präsentieren. Mit der Erweiterung des Geschäfts wäre auch die Einstellung des ersten Mitarbeiters fällig. Und vielleicht auch ein Umzug in eine andere Wohnung. Inzwischen hat das Paar zwei Kinder.