CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt pöbelt gern, seine Kollegin Andrea Nahles (SPD) wirkt wie eine Frau ohne Biss.

In der Politik sind kräftige Ausdrücke erwünscht. Sie sollen Leidenschaft vermitteln und zugleich der enormen Zähigkeit, die der Tagespolitik innewohnt, entgegenwirken. Sie sollen die Tagespolitik sozusagen etwas farbenfroher machen. Garanten dieser Verschönerungsaktionen sind die Generalsekretäre, und einer, der dabei Besonderes leistet, ist der CSU-Mann Alexander Dobrindt. Einer, der Sätze formuliert wie: "Irren ist menschlich, immer irren ist sozialdemokratisch. Lauter Irre - das ist die Linkspartei!" Oder: "Lieber päppeln wir jeden Abend die FDP mit Wadenwickeln auf, als dass wir uns mit den Grünen ins Bett legen!" Sätze, die die Frage aufwerfen, wie lange der 42-Jährige wohl daran herumbastelt? Oder ob sie ihm möglicherweise ganz spontan einfallen?

In der Opposition geht man offenbar von der zweiten Lesart aus. Ex-Linke-Chef Klaus Ernst hat Dobrindt jedenfalls als "politischen Quartalsirren" bezeichnet, als der nicht nur die Forderung aufstellte, alle Abgeordneten der Linkspartei vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen, sondern auch noch gleich ein Parteiverbotsverfahren ins Gespräch brachte. Dobrindt habe wohl "wahnhafte Unterdrückungsfantasien", vermutete der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, zumindest spreche aus ihm "die Sprache eines Despoten".

Mit Verlaub, wie ein Despot sieht er nun nicht gerade aus, der Diplom-Soziologe aus dem lieblichen Pfaffenwinkel. Schon gar nicht, seit er sich einer radikalen Schlankheitskur unterworfen, schicke Anzüge und eine Nerd-Brille angeschafft hat. Seit er dieses schwarze Ding auf der Nase trägt, wirkt er ja eher wie der kleine Bruder von Woody Allen.

Also wie ein harmloser Intellektueller. Aber das ist er natürlich nicht. Im Gegenteil. Alexander Dobrindt sorgt immer mal wieder für Knalleffekte im Berliner Politikbetrieb. Zum Beispiel hat er in dieser Woche den Präsidenten der Europäischen Zentralbank einen "Falschmünzer" genannt, nachdem der vorgeschlagen hatte, eine Zinsobergrenze beim Ankauf von Staatsanleihen aus Krisenländern einzuführen. Na, da war vielleicht was los! "Rhetorische Lederhose" sei das, meinte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle zu dieser Pöbelei, und der bereits erwähnte Volker Beck erklärte Dobrindt zur "Sarah Palin der deutschen Politik".

Das saß. Das war nicht mehr zu überbieten. Und deshalb ging Andrea Nahles mit ihrem "Stammtisch-Kasper" in der Empörungswelle unter. Nun gut, die SPD-Generalsekretärin ist noch nie für ihre verbale Durchschlagskraft berühmt gewesen, und vermutlich fühlt sie sich auch vorgeführt, seit in Berlin ventiliert worden ist, dass der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel den Bundestagswahlkampf 2013 selber managen will. So etwas ist verletzend, doch das darf man sich in der Politik nicht anmerken lassen.

Fest steht, Nahles ist irgendwie ohne Biss. Etwas Schlimmeres kann man über einen Generalsekretär, eine Generalsekretärin eigentlich nicht sagen. Da ist es schon besser, man wird von den politischen Gegnern als "blondes Fallbeil" (Edmund Stoiber) oder als "Wadenbeißer" (Erwin Huber) bezeichnet. Viel Feind' bedeutet in diesem Job tatsächlich noch viel Ehr'.

In diesem Zusammenhang liest man mit Erstaunen, dass Nahles von sich glaubt, ein "infernalistisches" Temperament zu haben. Auch wenn es das Wort nicht gibt, so ahnt man doch, was gemeint ist. Als objektiver Betrachter muss man allerdings sagen, dass Nahles nicht gerade höllisch temperamentvoll rüberkommt. Was im Prinzip nur zwei Deutungsmöglichkeiten zulässt. Entweder, die 42-Jährige reißt sich in der Öffentlichkeit permanent zusammen, oder sie hat ein vollkommen falsches Bild von sich selbst. Tja. Vielleicht war ja der Wunsch der Vater des Gedankens.

Fazit: Politisch liegen Welten zwischen der SPD-Frau und dem CSU-Mann. Biografisch haben sie hingegen einiges gemein. Sie sind ein Jahrgang. Sie stammen beide aus der Provinz. Sie sind beide katholisch. Und: Bei beiden mag man zurzeit keine Prognose wagen, was nach der Bundestagswahl aus ihnen wird.