Vorwürfe gegen den deutschen Kommandeur wegen der Kundus-Tragödie wurden klar zurückgewiesen. Er hat das Zeug zum General

Im nächsten Jahr soll ein Oberst der Bundeswehr zum Brigadegeneral befördert werden. Das ist für diesen Offizier ganz sicher ein bedeutender Vorgang. Ein großer Teil unseres Volkes jedoch, dem unsere Streitkräfte leider völlig schnuppe sind, würde dies normalerweise gar nicht zur Kenntnis nehmen. In diesem Fall ist das anders.

Oberst Georg Klein, der in Hamburg Wirtschaftswissenschaften studiert hat, gelangte vor drei Jahren zur tragischen Prominenz, nachdem er einen US-Luftangriff auf eine Gruppe von Taliban angefordert hatte. Wie viele Menschen bei diesem Angriff ums Leben kamen und wie viele von ihnen Unbewaffnete waren, wird wohl nie mehr völlig geklärt werden können. Die Ermittlungsergebnisse reichten von 17 bis zu 142 Toten; vieles davon war unseriös.

In manchen Medien wurde der Eindruck vermittelt, bei Klein handle es sich um einen kriegsverbrecherischen Mörder. Eine entsprechende Anklage vor Gericht wurde sogar angestrebt, aber zurückgewiesen. Der Oberst wurde offiziell entlastet; aber nun schlägt die Erregung wieder Wogen, weil Klein auch noch befördert werden soll.

Ohne Frage ist der Luftangriff von Kundus Anfang September 2009 eine entsetzliche Tragödie. Hintergrund war, dass Klein als deutscher Kommandeur in Kundus Warnungen erhalten hatte, dass die Taliban versuchen könnten, Tanklastwagen zu entführen - offenbar, um Anschläge auf die Bundeswehr in Afghanistan zu verüben. Bestückt mit Artilleriegranaten, hätte eine Benzin- oder Diesel-Bombe die Wucht, das Lager in Kundus mit Hunderten deutscher Soldaten auszuradieren.

Als dann die Meldung kam, dass tatsächlich zwei volle Nato-Tanklaster entführt worden waren, der eine Fahrer kaltblütig ermordet und der andere als Geisel genommen worden war, musste Klein alles tun, um diese Bedrohung von seiner Truppe abzuwenden.

Offenbar sind ihm dabei auch Fehler unterlaufen. Manche meinen, er hätte gegenüber den US-Piloten nicht von einer unmittelbar drohenden Gefahr sprechen dürfen, um das Bombardement zu rechtfertigen, da die Tanklaster im Kundusfluss stecken geblieben waren. Dabei wird ignoriert, dass die Taliban in der Nacht hastig Ortsansässige zusammentrommelten, um die Wagen rasch wieder flottzubekommen. Wie viele schließlich Aufständische, bewaffnete Sympathisanten oder harmlose Zivilisten waren, ist unklar. Am Morgen nach dem Angriff waren Leichen und Waffen verschwunden. Was hätten dieselben Kritiker eigentlich mit Oberst Klein veranstaltet, wenn er trotz klarer Warnungen die Tanklaster hätte ziehen lassen und ein paar Tage später das deutsche Camp in die Luft geflogen wäre? Diese Tragödie für unser Land hätte alle anderen seit Ende des Zweiten Weltkrieges in den Schatten gestellt.

Die deutsche Politik hat lange eine eklatante Heuchelei bezüglich des Krieges in Afghanistan betrieben. Man hat auf Straßenbau, Brunnenbohren und Mädchenschulen verwiesen, während deutsche Soldaten in Hinterhalten der Taliban starben. Man hat der Bundeswehr eine angemessene Bewaffnung mit Kampfhubschraubern, Jets und Kampfpanzern vorenthalten, um ja nicht den Eindruck zu erwecken, sie befände sich im Krieg. Man setzte die Soldaten einem brutalen Feind aus und war entrüstet, wenn sie ihn entschieden bekämpften. Oberst Klein, mit den allerkärglichsten militärischen Mitteln und unzureichenden Informationsquellen ausgestattet, musste mitten in der Nacht eine entsetzliche Entscheidung treffen. Niemand von uns sollte sich wünschen, in eine derartige Lage zu geraten. Wer vom weichen Sessel aus Kritik an einem Mann üben will, der jeden Tag im Kampfeinsatz sein Leben riskiert, sollte vorher gut nachdenken.

Der Krieg in Afghanistan dient gewiss nicht deutschen Interessen und hätte niemals geführt werden dürfen. Doch da Deutschland sich nun mal entschieden hat, seine Soldaten in diesen Einsatz zu schicken, müssen wir auch bereit sein, das Risiko von Verlusten hinzunehmen. Auf unserer Seite, doch im Zweifelsfall eher auf der anderen. Dass in diesem besonderen Fall auch Zivilisten ums Leben kamen, wird Oberst Klein, der alles andere als ein Rambo ist, den Rest seines Lebens belasten.

Im Übrigen: Georg Klein wird ja nicht wegen des tragischen Angriffs von Kundus befördert, sondern weil er seit 33 Jahren ein guter Soldat und für den neuen Posten geeignet ist.