Gut gemachte Schulungsvideos für den Arbeitsplatz sind stark nachgefragt. Vor allem zu PC-Themen. Wandsbeker Firma mischt mit.

Hamburg. An der Wand klebt ein Bild von George Clooney. Davor stehen Bürotische, einer mit elektrischem Gerät, ein zweiter mit Kosmetikutensilien. Die Wand gegenüber und ein Teil des Fußbodens sind mit grünem Tuch bedeckt. An der Decke sind Scheinwerfer installiert. "Eine unserer Trainerinnen hat Clooney aufgehängt", sagt Jörn Ölze. "Er ist quasi ihr Publikum. Das lockert sie vor der Kamera."

Das Studio in einem Gewerbehof in Wandsbek ist die Manufaktur von Ölze, 53, und dessen Kompagnon Stefan Meise, 45. Hunderte Schulungsvideos haben sie hier für ihr Unternehmen Sonic Performance Support produziert. Manches läuft dabei so wie bei der Anfertigung eines Werbespots oder eines Fernsehstücks. Wenn die Darsteller an einem ohnehin heißen Sommertag unter den wärmenden Scheinwerfern stehen, ist die Kleidung nach wenigen Minuten verschwitzt. Bei den Schulungsfilmen gibt es aber noch speziellere Probleme. "Die Trainer müssen die Nutzer des Films so genau und intensiv ansprechen wie bei einer Schulung im direkten Kontakt", sagt Ölze. "Aber viele Klassenraumtrainer, auch solche, die vor Gruppen hervorragend arbeiten, versagen, wenn sie allein vor einer Kamera stehen." Deshalb werden die Trainer vor jeder Videoproduktion auch nach ihren schauspielerischen Fähigkeiten sorgfältig ausgewählt. Und im Zweifel muss eben mal Clooney an die Wand.

Im Jahr 2011 verkaufte Sonic Performance Support zur Nutzung der Minifilme rund 135 000 Lizenzen an Unternehmen, Kommunen und andere Organisationen. Hamburger Unternehmen wie Jungheinrich oder ECE zählen ebenso zu den Kunden wie die Stadtverwaltung von Mannheim. In erster Linie dienen die Schulungsvideos der Erklärung von Computerprogrammen, vor allem von Microsoft. Aber Ölze und Meise dehnen ihr Angebot ständig weiter aus, auch international, zuletzt etwa mit der Produktion von Filmen, mit denen Klinikpersonal für Medikamententests an Patienten geschult wird.

Wachstum erwarten die Unternehmer durch die ständig steigenden Anforderungen an die berufliche Fortbildung wie auch vom zunehmenden Mangel an Fachkräften. Obendrein expandieren Ölze und Meise auch geografisch. Dutzende Geschäftspartner bedient Sonic Performance Support bislang vor allem in Europa und in Nordamerika. Verstärkt wollen die Wandsbeker nun auch die Märkte in Asien und in den arabischen Ländern erschließen. Der Umsatz von rund einer Million Euro aus dem vergangenen Jahr soll bis 2013 verdoppelt werden.

Die Minifilme lassen sich auf dem Computer direkt während der Nutzung eines Programms abspielen, sie erklären jeden einzelnen Schritt bei der Anwendung einer Software. Etwa dann, wenn man bei der Erstellung einer Excel-Tabelle am PC nicht weiterkommt. Viele Anbieter vermarkten mittlerweile solche Lehrvideos. Ölze und Meise wollen präziseres Material anbieten als die Konkurrenz: "Mit Schlagworten ist jede einzelne Sequenz eines Films sofort zu finden", sagt Meise. "Der Nutzer kann sich an jeder Stelle eines PC-Programms den nächsten notwendigen Schritt erklären lassen - und das so oft wiederholen, wie er möchte."

Produkte wie die von Sonic Performance Support markieren einen tiefen Umbruch bei der Bildung an Schulen und Universitäten, vor allem aber auch im Arbeitsleben. Das sogenannte E-Learning ist ein stark wachsender Markt. Bei rund 41,5 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland gibt es fast 27 Millionen Arbeitsplätze, die mit Computern ausgestattet sind. Hinzu kommen mobile Geräte wie Smartphones oder iPads, auf denen elektronisches Lehrmaterial gelesen, gesehen und gehört werden kann. Im Jahr 2010, für das die bislang jüngsten Zahlen vorliegen, betrug der Umsatz mit E-Learning in Deutschland rund 350 Millionen Euro, schätzt das MMB-Institut für Medien- und Kompetenzforschung.

Die Beherrschung zumindest grundlegender Büroprogramme ist für die Mehrheit der Berufstätigen längst unverzichtbar. Zugleich steigt die Geschwindigkeit, mit der die neuesten Versionen von Grafik- oder Kommunikationssoftware in der Wirtschaft eingeführt werden. "Die Einführung neuer Softwareversionen würde wohl noch deutlich schneller verlaufen", sagt Ölze. "Aber es dauert eben auch sehr lange, bis ein Unternehmen oder eine andere große Organisation überhaupt alle Mitarbeiter dafür geschult hat, bisweilen sind es ja mehrere Tausend."

Je nach Sichtweise sind elektronische Lehrmittel direkt am Arbeitsplatz eine Chance, effektiv und flexibel das Nötige zu lernen - oder aber nur ein weiterer Schritt zur Rationalisierung der Arbeitswelt. Zunehmend jedenfalls konkurrieren Produkte wie die von Sonic Performance Support mit den Angeboten von Schulungszentren. Dorthin schicken Unternehmen oft ganze Abteilungen, zumindest aber einige Experten, die später ihre Kollegen schulen.

"Ich glaube nicht, dass elektronisches Lehrmaterial die persönliche Ansprache durch einen Trainer oder Lehrer ersetzen kann. Aber es ist eine wertvolle Ergänzung", sagt Professor Peter Hornberger von der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW). Der Ingenieur setzt in der Hochschule längst selbst elektronische Lernhilfen ein. "Man kann damit Inhalte vertiefen, sie auch zeitlich etwa von den Vorlesungen entzerren", sagt er. "Aber Inspiration und Ansprache sollten schon vom Dozenten kommen."

Jörn Ölze ist im Geschäft mit Computerwissen bereits ein Veteran. Im Jahr 1989 gründete er mit zwei Freunden das Unternehmen SPC. Damals ging es darum, Menschen überhaupt Zugang zu dem für die meisten völlig neuen Medium Computer zu verschaffen. "In Hamburg haben wir uns seinerzeit schnell zu einer lokalen Größe entwickelt", sagt Ölze. 1997 schloss er sich dem amerikanischen Franchiseunternehmen New Horizons an und baute in Deutschland, Österreich und der Schweiz neue Schulungszentren auf. 2006 gründete er Sonic Performance Support, das mittlerweile zehn fest angestellte und eine Reihe freier Mitarbeiter beschäftigt. Er stieg bei New Horizons aus, sitzt aber in der Wandsbeker Königstraße noch im selben Bürohaus wie sein früherer Arbeitgeber. "Mitunter sind wir Konkurrenten, aber wir kooperieren auch miteinander", sagt er.

Die Lehrer aus dem Server hält er für effektiver und vielversprechender als die klassischen Fortbildungen von Arbeitnehmern. "Man kann Schulungsvideos, wie wir sie anbieten, exakt auf den jeweiligen Lernstoff und auf die nötige Anwendung hin produzieren", sagt Ölze in seinem Studio. Für jeden einzelnen Markt werden stets muttersprachliche Trainer vor die Kamera gestellt, die zuvor bei einem Testpublikum bestehen müssen. Auch er allerdings erlebt bisweilen eine Überraschung. Ein Hamburger Unternehmen kaufte kürzlich für ein Schulungsvideo 2000 Lizenzen in der deutschen und 300 in der englischen Fassung. Für die englische Version war eine offenbar besonders aparte Trainerin aus Kalifornien eingesetzt worden. "Nach kurzer Zeit fragte das Unternehmen an", sagt Ölze, "ob wir die deutschen nicht gegen die englischen Lizenzen tauschen könnten."