Eine Glosse von Christian-A. Thiel

Wollten Sie immer schon mal wissen, was Fußballprofis den Schiedsrichtern hinterherrufen, wenn sie mit einer Entscheidung nicht einverstanden sind? "Blödmann" oder "Idiot" wären da noch harmlose Vorschläge. Oder wie sich HSV-Spieler gegenseitig anpöbeln, weil sie die Anweisungen ihres Übungsleiters nicht verstanden haben? Das Bezahlfernsehen ist seit jeher allen Innovationen auf der Spur, mit denen die Begierde des Publikums befriedigt werden kann.

Nach Informationen der "Welt" plant der sogenannte Pay-TV-Sender Sky, die letzten Geheimnisse des Fußballs zu enthüllen. Die gehörlose Lippenleserin Julia Probst soll "in ausgewählten Szenen" Spielern und Trainern vom Mund ablesen, was sie während der 90 Minuten auf dem Rasen so alles von sich geben. Sie hat auf ihrem Blog schon verraten, dass Bundestrainer Joachim Löw mal "Ey, los!" oder "Hoch, Lukas" rief, was wir nie geahnt hätten. Von einem "Lauschangriff" zu sprechen, wäre angesichts der Protagonistin politisch unkorrekt - es handelt sich eher um einen "Sichtangriff". Man könnte auch spielentscheidende Fragen klären, zum Beispiel, was Nationalspieler wirklich singen, wenn sie bei der Nationalhymne den Mund öffnen und schließen.

Nun werden Moralapostel beklagen, die armen Herren Spieler hätten bald überhaupt keine Intimsphäre mehr. Dabei dürften die originalen Einwürfe auf dem Platz authentischer sein als etwa die sinnfreien Interviews nach Spielschluss. Und in der Kabine oder unter der Dusche sind fremde Beobachter tabu. Außer vielleicht Kanzlerin Angela Merkel.