Eine Vorausplanung von Birgit Reuther

Ja, ich gestehe: Ich benutze noch so einen Kalender aus Papier. Pappdeckel, Linien, gedrucktes Datum. Sollen andere doch ihre Termine von einem elektronischen Gerät auf das nächste schieben, bis das ganze Synchronisieren zu einem einzigen großen Termin, zur zentralen Aufgabe und alles konsumierenden Hauptbeschäftigung wird. Wenn sich bei mir ein Termin verschiebt, streiche ich ihn mit vielen Kringeln durch. Meist mit fetter schwarzer Tinte. Für immer sichtbar. Manchmal ist das Blatt eines Tages fast schwarz, und nur wenige Worte erzählen davon, was tatsächlich geschehen ist. Wenn ich mir meine Kalender nach Jahren noch einmal anschaue, sehe ich, wann es viele Kringel gab. Wann also das Leben wieder hübsch verzettelt war.

Daten elektronisch zu sortieren (oder mit Bleistift einzutragen und bei Neuplanung auszuradieren) löscht nämlich genau das aus, was unsere Existenz (auch) ausmacht: Das Verschobene und Gescheiterte, die Lücken und das Nichtpassierte.

Gerade habe ich mir Kalender bis 2015 bestellt. Denn soeben wurde bekannt gegeben, dass die Fortsetzung des 3-D-Spektakels "The Avengers" am 1. Mai 2015 in die US-Kinos kommt. Ich weiß also, wann ich mit Thor, Iron Man und Co. mal eben kurz die Welt retten kann. Aber wie die Filmstudios einzuschätzen sind, wird sich der Start gewiss noch einmal verschieben. Das gibt dann wieder Kringel. Bestimmt nicht die letzten.