Ob Pfirsich-, Kirsch- oder Himbeer-Aroma: Hella-Hersteller Hansa-Heemann tüftelt an den Getränken für morgen und schafft neue Jobs.

Hamburg. Ein appetitlicher Duft nach Früchten durchzieht die helle Produktionshalle. Über lange Luftlaufbänder rauschen leere Plastikflaschen nur wenige Meter unter der Decke zu den Abfüllstationen. Die metallfarbenen Maschinen am Boden sorgen für einen stattlichen, dumpfen Geräuschpegel aus Rauschen und Stampfen. Unter Hochdruck werden Flaschen gefüllt, verschlossen, etikettiert, verpackt und zum Transport palettiert.

Die hochkomplexen Anlagen mitten im dörflichen Trappenkamp in Schleswig-Holstein sorgen hier für ein kleines Wunder: Fast vollautomatisch werden in dem Hallenflachbau im Fließbandsystem jede Stunde gut 60 000 Flaschen mit Mineralwasser gefüllt - rund um die Uhr, fünf Tage die Woche. Täglich sind es etwa 1,5 Millionen Flaschen, die danach mit rund 80 Lastwagenladungen im Handel landen.

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Zwischen den Bändern bewegen sich jeweils nur eine Handvoll Mitarbeiter, die vor allem eine Aufgabe haben: Sie kontrollieren den reibungslosen Lauf der Maschinen. Die Männer, die alle Ohrstöpsel oder Kopfhörer als Schutz vor dem Lärm tragen, greifen ein, wenn mal etwas nicht nach Plan läuft, zum Beispiel eine Flasche umfällt oder sich ein Etikett verhakt.

Das frische Quellwasser kommt aus den Waldbrunnen im angrenzenden Forstgebiet. Mal wird es mit oder ohne Kohlensäure oder mit Aromen versetzt. An diesem Nachmittag im August läuft die Produktion von Hella Pfirsich vom Band - Mineralwasser mit Fruchtgeschmack - einer der Verkaufsschlager des Produzenten alkoholfreier Getränke Hansa-Heemann in diesem Sommer.

"Wasser ist das schönste Produkt im Lebensmittelbereich", schwärmt der Vorstandsvorsitzende German Reichert, der das Unternehmen mit Hauptsitz in Rellingen leitet. "Es hat null Kalorien, ist gut zum Durstlöschen und damit auch gut für die Gesundheit." In Norddeutschland ist Hansa-Heemann vor allem durch seine Marken Hella, St. Michaelis, Nordquell und Jakobus bekannt. Doch das Unternehmen spielt längst ganz oben in der Liga der deutschen Mineralwasserhersteller mit. Bundesweit betreibt Hansa-Heemann quer über die Republik verteilt vier Werke: in Lehnin (Brandenburg), Löhne (Nordrhein-Westfalen), Bruchsal (Baden-Württemberg) und Trappenkamp. Neben seinen eigenen Marken produziert die Gruppe dort auch zahlreiche Handelsmarken für Discounter und Supermärkte.

Mit einer Jahresproduktion von 2,1 Milliarden Liter rangiert Hansa-Heemann derzeit auf Platz zwei der größten Anbieter, nach MEG (Mitteldeutsche Erfrischungsgetränke), die für den Discounter Lidl produzieren. Insgesamt belief sich der Absatz der Branche 2011 auf 13,7 Milliarden Liter bei einem Umsatz von 3,1 Milliarden Euro.

Ursprünglich gehörte Hansa-Heemann zum Holsten-Konzern. Als das Wassergeschäft 2004 zum Verkauf stand, übernahm die Hamburger Familie Lange, die bereits seit den 1970er-Jahren an der Gruppe mit 35 Prozent beteiligt war, das Geschäft komplett. Die Familie Lange, deren Sohn Wolf den Aufsichtsrat des Unternehmens führt, ist an einer "langfristigen Perspektive interessiert", sagt Reichert, "und steht auch in schwierigen Zeiten zu dem Unternehmen." So wurden im Zuge einer Restrukturierung der Gruppe, bei der bundesweit 200 Mitarbeiter ihren Job verloren, allein in den vergangenen acht Jahren in das Werk Trappenkamp 30 Millionen Euro investiert.

Hansa-Heemann beschäftigt heute bundesweit rund 550 Mitarbeiter, davon 100 im Werk Trappenkamp und 70 am Verwaltungsstandort Rellingen. In diesem Jahr wurden 25 Stellen neu geschaffen. 2011 setzte die Gruppe 250 Millionen Euro um. Über die Höhe des Gewinns wird, ganz hanseatisch, geschwiegen. "Wir sind gut ausgelastet", unterstreicht Reichert.

Das Geschäft mit Mineralwasser ist ein vergleichsweise junges, aber umso florierenderes Geschäft. Lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Mineral- und Heilwassern vor 40 Jahren bei 12,5 Litern, so waren es 2011 bereits 134,7 Liter - also gut zehnmal so viel. Etwa 85 Prozent der Wasser werden mit Kohlensäure verkauft. Allerdings geht der Trend hin zu weniger Sprudel oder stillem Wasser, berichtet Reichert.

Obwohl Hansa-Heemann bereits zu den Großen der Branche zählt und seinen Umsatz in den nächsten fünf Jahren weiter auf 300 Millionen Euro erhöhen möchte, setzt der Vorstandschef bewusst auf Regionalisierung, Nachhaltigkeit und die "Philosophie der kurzen Wege". So wird Norddeutschland vor allem mit dem Mineralwasser aus dem Werk Trappenkamp beliefert oder Süddeutschland aus dem Werk in Bruchsal. "Das senkt hohe Transportkosten und verhindert eine zu große Umweltbelastung", erläutert Reichert.

Auch bei der Verpackung achtet das Unternehmen auf Nachhaltigkeit. Mittlerweile werden im Handel mehr als 70 Prozent aller Mineralwasser in PET-Flaschen verkauft, Tendenz steigend. "Die Kunden bevorzugen Plastikflaschen, weil sie deutlich leichter sind", weiß Reichert. Damit die gebrauchten Plastikgebinde nicht im Müll landen, richtet das Unternehmen besonderes Augenmerk auf das Recycling. So betreibt Hansa-Heemann in Lehnin eine eigene Herstellung für Flaschenrohlinge. In die Produktion fließt etwa 50 Prozent aus eingeschmolzenem, recyceltem PET-Material wieder ein.

Wenngleich der Staat mit seiner Pfandverordnung nicht sein erwünschtes Ziel erreicht hat, den Mehrweganteil zu erhöhen, ist der Vormarsch der PET-Flaschen dennoch ein Fortschritt, ist Reichert überzeugt. "PET-Flaschen erhöhen die Produktsicherheit, da sie vor dem Abfüllen immer neu sind", so Reichert. Bei der Säuberung von Glasflaschen bestehe dagegen immer auch die Gefahr, dass Rückstände bleiben, zumal manche Flaschen auch zu fremden Zwecken genutzt wurden.

Hansa-Heemann will künftig vor allem mit sogenannten Near-Water-Getränken am Markt expandieren - also Mineralwasser, das mit natürlichen Aromen gemischt wird. Es ist der Wachstumstreiber der Branche. "Die Marke Hella ist in dem Bereich deutschlandweit bereits die Nummer drei am Markt", sagt Reichert. "Wir wachsen mit diesen Getränken seit Jahren im zweistelligen Prozentbereich." In diesem Sommer sind Kirsch und Pfirsich die Renner. "Das Sortiment umfasst schon mehrere Obstsorten wie Apfel, Erdbeere oder Himbeere und soll noch ausgeweitet werden", sagt Reichert.

Hansa-Heemann sieht sich im Norden tief verwurzelt und damit auch als verlässlicher Sponsor im Sport. Neben dem Hamburger Halbmarathon, Alsterlauf, Alstertallauf und dem Airport Race werden von Hella auch die Handballteams in Hamburg, Kiel und Flensburg gefördert. "Wasser und Sport ist eine sehr gute Kombination und für uns ein gutes Aushängeschild", so der Chef.

Die wichtigste Grundlage für den weiteren Erfolg sieht Reichert aber auch in der guten Qualität und Reichhaltigkeit des Wassers. In der Regel gelten besonders tiefe und alte Wasser für hohe mikrobiologische Qualität. "Unser Mineralwasser in Trappenkamp kommt aus einer Tiefe von mehr als 140 Metern. Es schmeckt weich und ist aufgrund der ausgewogenen Mineralisierung sehr angenehm zu trinken." Das Wasser, dem lediglich über einen Kiesfilter Eisen und Mangan entzogen werden, wird in Trappenkamp rund um die Uhr im eigenen Labor getestet und geprüft - und zwar vor und nach der Abfüllung. Das genaue Alter der Quelle, also wann das Regenwasser sich im Boden abgelagert hat, verrät Reichert nicht, nur so viel: "Dieses Wasser hat noch nie einen Fabrikschornstein gesehen."