Ein Kommentar von Kai Schiller

Fußball ist ja bekanntlich die schönste Nebensache der Welt. Mindestens. Dies hat fast zwangsläufig zur Folge, dass nahezu jeder gerne mitredet. Trainer, Fans, Fachleute - und Oliver Kahn. So echauffierte sich der Torwart-Titan a. D. im Anschluss an die 1:3-Niederlage gegen Argentinien am Mittwoch über die seiner Meinung nach zu lasche Einstellung der Nationalspieler. Zehn Prozent würden fehlen, um die absolute Siegermentalität an den Tag zu legen, sagte der sogenannte TV-Experte im ZDF. Erst einmal in Fahrt, legte Kahn umgehend nach. Es fehle die Kompaktheit in der Defensive, die Spieler würden sich nicht richtig ärgern und hätten zuletzt bei der EM "blutleer" gewirkt.

Bei allem Respekt, aber Kahns Aussagen sind nicht mehr und nicht weniger als populistischer Popanz. Statt als TV-Experte ein Spiel fachlich zu analysieren, beschränkt sich der Ex-Torhüter gerne darauf, mit schlichten Weisheiten beim Millionenpublikum zu punkten. Verliert das Team, war eben die Einstellung schlecht. Derlei Unsinn hat in etwa so viel Substanz wie die leidige Diskussion über das Mitsingen der Hymne. Tatsächlich hat die deutsche Mannschaft gegen Argentinien taktisch nicht immer clever gespielt, zu viele Chancen zugelassen und den frühen Platzverweis nicht verkraftet. An der Einstellung mangelte es ihr aber weder am Mittwoch noch bei der EM. Da diese aber nicht gewonnen wurde, muss sich Bundestrainer Joachim Löw in Zukunft wohl häufiger mit derartigen Absurditäten herumschlagen. Spätestens beim nächsten Länderspiel, das im ZDF übertragen wird.