Ein Glückwunsch von Tom R. Schulz

Den unentrinnbaren SM-Roman "Shades of Grey", den die Frauen Europas und Nordamerikas derzeit zu Millionen auf dem Nachttisch liegen haben, erwartet ein neuer Spielgeselle in Sachen aurale Luststeigerung und fette Profitmaximierung. Am 14. September kommt das Album zum Buch. Sie nennen so was Cross-Marketing, und das passt. Ist es vielleicht kein Kreuz, dass die Autorin E. L. James beim Plattenkonzern EMI, der sich einst mit den Stones und den Beatles grün und blau verdiente, den Klassik-Back-Katalog plündern durfte, um sich daraus Perlen von Barock bis Spätromantik als Soundtrack zu ihrer Roman-Trilogie rauszupicken? Ihre Wahl sei auf jene Werke gefallen, die sie beim Schreiben inspiriert hätten, teilt die Firma mit. Die EMI preist die Liebeskugeln für die Ohren folgerichtig als "perfekten Begleiter zu dem erotischen Leseerlebnis" an.

Andererseits: Konnte dem darbenden Genre Schöneres widerfahren? Pachelbel und Bach, Tallis und Chopin, Verdi und Debussy: Still oder lustvoll werden sie in ihren Gräbern rotieren, wenn sie künftig im Schlafzimmer nicht mehr "Kuschelrock VII" hören mag, sondern, o Mann, diese prickelnde, heftige, verboten geile Klassik auflegt. Diese, ähem, "Greatest Hits" (sofort Platz eins der amerikanischen iTunes-Classics-Charts) der Klassik hinterlassen keine Striemen. Dafür aber tiefe Eindrücke im Ohr und im Herzen einer herrlichen, riesengroßen, devoten, neuen Zielgruppe.