Hamburgs SPD-Senat hält Haushaltsgrundsätze ein, bunkert aber Hunderte Millionen

Die Veröffentlichung eines neuen Haushalts ist auf den ersten Blick kein besonders aufregender Termin. Dennoch lohnt ein Blick auf so ein Zahlenwerk, sagt es doch eine Menge aus über die Prioritäten einer Regierung und über ihre Seriosität. Eine verbreitete Faustregel dazu lautet: Wer nicht mit Geld umgehen kann, dem ist auch sonst nicht zu trauen.

Besondere Bedeutung kommt dem zu, wenn eine Regierung wie der Hamburger SPD-Senat das Thema "Solide Finanzen" im Wahlprogramm, im Arbeitsprogramm und in jeder großen Rede an erster Stelle anführt. Das war zweifellos eine richtige Prioritätensetzung. Denn eine Stadt, die von 25 Milliarden Euro Schulden gedrückt wird und nahezu jeden zehnten Euro nur für Zinsen ausgibt, sollte ein ureigenes Interesse daran haben, ohne neue Kredite auszukommen - unabhängig von der gesetzlichen Schuldenbremse.

Um dieses Ziel bis spätestens 2020 zu erreichen, haben Bürgermeister Olaf Scholz und Finanzsenator Peter Tschentscher zwei Grundsätze vorgegeben: Die Ausgaben dürfen von Jahr zu Jahr nie um mehr als ein Prozent steigen, und für jede neue Ausgabe muss die gleiche Summe an anderer Stelle eingespart werden - das von Bill Clinton abgekupferte Prinzip "Pay as you go". Anhand des ersten Haushalts, der komplett in die Verantwortung des SPD-Senats fällt, lässt sich feststellen: Beide Versprechen werden eisern eingehalten. Nicht nur daher darf man dem Senat attestieren, dass er seriös und ernsthaft daran arbeitet, den Haushalt zu sanieren. Dennoch gibt es Kritikpunkte, die bei dem "Pay as you go" beginnen.

Denn entgegen aller Erwartungen kommuniziert der Senat die Einschnitte, die einer Mehrausgabe gegenüberstehen, keineswegs eins zu eins. Stattdessen wird stets auf "viele kleine Einzelmaßnahmen" verwiesen, die sich irgendwo im Haushalt verbergen. Dahinter steckt vor allem die strikte Ansage des Bürgermeisters, keine "Giftlisten" aufzustellen. Scholz hat dabei auch den schwarz-grünen Senat im Blick, der erst zu viel Geld ausgab und dann in der Finanzkrise mit Hauruck-Sparprogrammen gegensteuerte - es blieb der Eindruck einer schlingernden Regierung, die es mit dem Geld nicht so genau nahm.

Wer danach sucht, wie die SPD ihre Mehrausgaben finanziert, wird aber durchaus fündig - nur lassen sich Mehr- und Minderausgaben eben nicht wie angekündigt zuordnen. Tut man es eigenständig, kann ohne Weiteres eine teilweise fragwürdige Prioritätensetzung des Senats konstruiert werden. So wurden die Planungen für die Stadtbahn eingestellt, während nun ein mehrere Hundert Millionen Euro teures Busbeschleunigungsprogramm anläuft. Ob das den Verkehrsinfarkt Hamburgs verhindern kann, scheint doch sehr zweifelhaft. Die Universitäten werden finanziell kurzgehalten, während die Abschaffung der Studiengebühren jährlich 40 Millionen Euro kostet. Und bei der Jugendsozialarbeit werden zehn Prozent gekürzt, während gleichzeitig den Eltern von Kita-Kindern auch noch der eine Euro erlassen wird, den sie bislang zum Mittagessen ihres Nachwuchses beisteuern mussten. Kostenpunkt: 20 Millionen Euro. Der gut gemeinte Schwerpunkt, den Zugang zu Bildung grundsätzlich kostenlos anzubieten, löst also an anderer Stelle berechtigte Sorgen aus.

Ferner wirft der neue Etat Fragen zu den hohen Steuereinnahmen auf. Trotz der lobenswerten und bislang eingehaltenen Ansage, über Plan eingenommenes Geld nur zur Senkung der Kreditaufnahme und zum Stopfen von Löchern einzusetzen, sollen nun mehrere Hundert Millionen Euro in neuen Töpfen gebunkert werden, ohne dass der Senat sagen kann oder will, was genau er damit vorhat. Sollten damit letztlich doch Wahlversprechen finanziert werden wie die komplette Abschaffung der Kita-Gebühren, wäre das kein Ausweis von Seriosität.