Ein Kommentar von Joachim Mischke

"Harold and Maude" zur Einstimmung? Bei zügig einsetzendem Bodennebel der eine oder andere Grusel-Klassiker aus den Hammer-Studios mit Christopher Lee? Und nach Mitternacht bluttriefendes Geschnetzeltes aus dem üblen Zombiefilm-Repertoire der frühen 1970er? Sommerkino-Betreiber mit Mut zur Geschmackslücke hätten eine große Auswahl, wollten sie mit Open-Air-Kino-Nächten auf Friedhöfen gänzlich andere Adressen für sich nutzen als den handelsüblichen Rathausmarkt.

In Nürnberg ist nun ein Kinofestival damit auf die Nase gefallen. Die Stadtverwaltung verbot nach zahlreichen Protesten weitere Veranstaltungen auf dem Westfriedhof. Dort hatten Kino-Betreiber nicht nur die eine dumme Idee (die mit dem Friedhof), sondern auch noch eine zweite, um ihr Konzept todsicher zu beerdigen. Das Kino-Festival setzte zwei Genre-Fremdlinge aufs Programm: "The Descendants", eine zartbittere Familiengeschichte auf Hawaii mit George Clooney in der Hauptrolle, und "Atmen" aus Österreich, in dem es um einen Jugendlichen hinter Gittern geht, der als Freigänger beim Bestatter arbeitet. Tja. Hm. Tolle Auswahl. Aber wohl eher für einen verregneten Herbstabend im Wohnzimmer. Dass die Veranstalter ihren Besuchern vor Filmbeginn auch noch eine Besichtigungstour durchs Krematorium anboten, machte die Selbstblamage perfekt. Und jetzt ist wieder Ruhe auf dem Nürnberger Westfriedhof. Ewige Ruhe.