Ein Kommentar von Rainer Grünberg

In den vergangenen zwei Wochen haben in London Athleten und Trainer zum Teil heftige Kritik am deutschen Leistungssportsystem geübt. Zu wenig Geld, zu ineffizient, fehlende Unterstützung aus Wirtschaft und Gesellschaft lauteten die Hauptvorwürfe. Das mag alles im Grundsatz stimmen. Es gibt aber auch diese Gegenentwürfe, den Deutschland-Achter zum Beispiel, den Diskuswerfer Robert Harting und die Beachvolleyballer Julius Brink und Jonas Reckermann. Die Genannten, allesamt jetzt Olympiasieger, hatten nicht nur einen Plan und die nötigen wirtschaftlichen Partner, sie hatten, wichtiger noch, auch den Willen, bedingungslos auf ihr großes Ziel hinzuarbeiten, und das konsequent über Jahre hinweg. Ihre Erfolgsgeschichten zeigen: Professionelle Strukturen kann man sich selbst in Deutschland schaffen.

Leistungssportler sind heute mehr denn je von ihrem Umfeld abhängig, vom Know-how ihrer Trainer und Betreuer, vom Engagement und der Akribie jedes Einzelnen, von der Kooperationsbereitschaft aller. Sportliche Kleinunternehmer wie Harting und Brink/Reckermann haben das erkannt und sich die Besten an ihre Seite geholt. Verbände können das mit ihren meist beschränkten finanziellen Mitteln nicht leisten. Eigeninitiative ist deshalb gefragt. Sie ist nicht die schlechteste Voraussetzung. Wer Verantwortung übernimmt, wird nicht nach Ausreden suchen, er wird Lösungen finden. Julius Brink und Jonas Reckermann haben nie über ihr Verletzungspech der vergangenen Monate lamentiert. Sie haben weiter hart trainiert, jeder für sich. In London waren sie gemeinsam sehr stark.