Die Dänen-Ampel regiert mit kleinstem gemeinsamen Nenner und faulen Kompromissen

Es gab andere Herausforderungen, als mit dem Grundgesetz auch die föderale Struktur der Bundesrepublik eingeführt wurde. Mehr als 60 Jahre später sind die Spielräume für die Bundesländer, für Landesregierungen und Landtage in einem von europäischen Richtlinien eingeschnürten Deutschland deutlich enger.

Es ist in dieser Situation nicht einfach, nach einer gewonnenen Landtagswahl und der Bildung einer Koalitionsregierung das neue Revier zu markieren und Duftnoten zu setzen, die Jahre später ausreichen, um bei der nächsten Wahl zu bestehen. Das gilt natürlich noch stärker, wenn wie jetzt in Schleswig-Holstein mit SPD, Grünen und SSW sogar ein Dreier-Bündnis regiert. Je mehr Parteien mitreden, desto größer wird die Zahl der faulen Kompromisse.

Wenn aber vor allem der kleinste gemeinsame Nenner regiert, bleiben zukunftsgerichtete Weichenstellungen auf der Strecke. Nach nicht einmal60 Tagen Dänen-Ampel in Kiel lassen sich die Folgen exemplarisch belegen - auch in Fragen der Zusammenarbeit von Hamburg und Schleswig-Holstein. Wenn Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) heute von der Förde an die Elbe zu seinem offiziellen Antrittsbesuch beim Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) reist, dann geht es bereits darum, Scherben eines Fehlstarts zu kitten und den Schaden zu begrenzen.

Um des lieben Koalitionsfriedens willen hat die SPD den beiden Juniorpartnern in der Koalition zu viele und zu große Zugeständnisse gemacht, gerade in der zentralen Frage der Verkehrs- und Infrastrukturpolitik. Eine Stadt-Regionalbahn für Kiel und das Umland ist zwar wünschenswert, darf aber nicht den gleichen oder sogar einen höheren Stellenwert haben als der Bau der S 4 von Hamburg über Ahrensburg nach Bad Oldesloe.

Daran, dass Hamburg und sein Umland nicht im Dauerstau enden, hängt auch ein gutes Stück Zukunft für ganz Schleswig-Holstein. Das Umland alimentiert faktisch bereits heute mit seinem Wirtschaftswachstum und den daraus resultierenden Steuereinnahmen die anderen Regionen, darunter den gesamten Landesteil Schleswig. Diese Erfolgsgeschichte des Umlandes muss fortgeschrieben werden, statt sie in Koalitionsverhandlungen vom Tisch zu wischen.

Demselben kleinen Muster folgt der Umgang der Dänen-Ampel mit dem Weiterbau der A 20. Das Projekt hat nur Sinn, wenn bereits jetzt klar ist, dass die Trasse westlich der A 7 fortgeführt wird und über die Elbe bis Niedersachsen führt. Die Metropolregion braucht mittel- und nicht langfristig eine zusätzliche Elbquerung. Ansonsten erstickt Hamburg am Verkehr. Und im A-7-Elbtunnel stecken dann eben nicht nur die Hamburger fest, sondern auch die Schleswig-Holsteiner, für die kein Weg an diesem Nadelöhr vorbeiführe.

Umgekehrt werden die Hamburger Touristen ebenso wie die Urlauber aus Schleswig-Holstein demnächst an Sonntagen erst fluchen und dann wegbleiben, wenn die Sonntagsöffnungszeiten der Läden in den Feriengebieten zwischen Nord- und Ostsee eingeschränkt werden.

Es gibt also heute eine Menge zu bereden zwischen den Regierungschefs. Nachdem Albig einen veritablen Fehlstart hingelegt hat, ist mit raschen Lösungen allerdings nicht zu rechnen. Es wäre schon eine Menge gewonnen, wenn es dem Ministerpräsidenten gelingen würde, weitere Querschüsse der Dänen-Ampel zu verhindern.

Das gilt insbesondere für den SSW, die Partei der dänischen Minderheit. Der kleinste Koalitionspartner blockiert weiterhin die wichtigste Zukunftsperspektive für beide Bundesländer, eine enge Zusammenarbeit mit dem Ziel eines Nordstaats. Wenn es Albig nicht gelingt, hier Korrekturen durchzusetzen, riskiert er nicht nur seine Autorität, sondern auch eine zweite Amtszeit an der Förde.