Millionenbetrüger Oliver H. lebte jahrelang in Saus und Braus - vom Geld der 163 geprellten Anleger

Neustadt. Es lässt sich nur spekulieren, warum sich Oliver H. in eine KLM-Maschine setzte, die auf dem Weg von Dubai nach Detroit in Amsterdam einen Zwischenstopp machte. War es Übermut? Wähnte er sich in Sicherheit, nach all der Zeit in Saus und Braus? Kaum war der Flieger auf dem Boden, nahmen ihn niederländische Polizisten fest. Seit Jahren hatten deutsche Zielfahnder den mutmaßlichen Millionenbetrüger im Visier. Sie hatten seine Spur bis auf die Bahamas und nach Florida verfolgt, wo Oliver H. den amerikanischen Traum gelebt haben soll: eine Familie, ein Jeep vor der Villa, Großwildjagden mit Freunden. All das wussten die Beamten und kamen doch nicht an ihn heran - die Hürden für die Auslieferung waren zu hoch.

Dass der 44-Jährige, der Tipp kam von den US-Kollegen, am 19. Januar im Schengen-Raum landen würde, war für die Deutschen buchstäblich ein Geschenk des Himmels. Anfang Februar nach Hamburg ausgeliefert, steht der Schweizer jetzt vor dem Landgericht.

Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet bandenmäßiger Betrug. Als Direktor der von ihm gegründeten Firma Richmond & Palmer - das Büro war am Nagelsweg - soll er mit fünf bereits verurteilten Mittätern zwischen 1998 und 2000 insgesamt 163 Anleger mit vermeintlich lukrativen Warentermingeschäften geködert haben. Die überlassenen 20 Millionen Mark (zehn Millionen Euro) sollen jedoch nicht an der Börse, sondern vielmehr in der Geldbörse von Oliver H. gelandet sein.

Ein Selbstgänger dürfte der Prozess nicht werden - der frühere Soldat schweigt. Gewissensbisse scheinen ihn nicht zu plagen, wie aus einem in der Haft abgefangenen Brief hervorgeht. Da heißt es: "All das Gute, was ich getan habe, ist nichts wert. Mein Leben wird nur nach den zehn Monaten beurteilt, die ich für diese Firma gearbeitet habe."

Dierk R., 69, der erste von zahlreichen Zeugen, hat in der Marketing-Abteilung von Richmond & Palmer gearbeitet. Auch er war verwickelt in die Betrügereien der Firma, wurde 2001 zu fünf Jahren Haft verurteilt. Es ist ein kurioser Auftritt: Er will den Namen seines Chefs noch nie gehört haben - vor zehn Jahren kannte er ihn noch, das belegen alte Prozessakten. Die Staatsanwältin: "Erstaunlich, dass Sie sich jetzt auf eine Amnesie zurückziehen."

Er habe damals "Ordnung in den Laden gebracht", sagt er und sei mit 12 000 Mark im Monat geradezu fürstlich entlohnt worden. Dass nicht alles mit rechten Dingen zuging, ahnte R. schon damals. Einmal habe er seinen Vorgesetzten gefragt, ob die Kunden betrogen würden. "Und das hat er bejaht."