Eine Glosse von Christian-A. Thiel

Wenn die Bogenschützen bei den olympischen Wettbewerben ihre Pfeile abschießen, ahnt kaum einer von ihnen, dass er sich auf heiligem Boden befindet. Lord's Cricket Ground ist ein Wallfahrtsort für die Liebhaber dieser urbritischen Sportart. Manche sagen, die traditionsreiche Adresse in Westminster werde durch schnöden Olympiasport entweiht.

Überhaupt tun sich viele Briten schwer mit Olympia. Radsport-Gold für Tour-de-France-Sieger Bradley Wiggins, na klar, und Gold im Rudern, das kann man im Land von Oxford gegen Cambridge akzeptieren. Der Canadier-Zweier im Wildwasser mag noch als Wanderpaddler durchgehen. Aber sonst? Kaum einer kennt auf der Insel Beachvolleyball, auch mit Handball kann dort niemand etwas anfangen. Vielleicht bleiben deshalb viele Zuschauerplätze leer.

Denn der wahre britische Sport ist leider nicht olympisch: Pferde- und Windhundrennen, Polo, Snooker - alles Fehlanzeige. Für Cricketspiele hätte der olympische Zeitplan wohl auch um ein paar Wochen verlängert werden müssen. Und dann fehlt natürlich auch Dart. Das Pfeilwerfen der Männer mit den dicken Bäuchen hätte den großen Vorteil, dass es im Pub gespielt wird und damit der Wettkampf fließend in die Feier übergehen kann. Rugby, auch so ein britischer Sport, kommt für London leider vier Jahre zu spät. Erst 2016 in Rio wird die Pille olympisch.

Die Schotten haben ihr olympisches Problem übrigens geschickt gelöst. Sie veranstalten im Spätsommer ihre eigenen Highland Games. Mit Baumstammwerfen, Tauziehen und Dudelsackspielen.