Jede zweite Firma muss Schwächen ihrer Lehrlinge ausbügeln. Airbus lässt Lehrer ins Werk kommen, Aurubis kooperiert mit einer Hauptschule.

Hamburg. Keiner soll auf der Strecke bleiben. Deshalb hat sich Hamburgs größter Ausbildungsbetrieb, der Flugzeugbauer Airbus, für seine 600 Lehrlinge einiges einfallen lassen: Jede Woche kommen zwei Lehrer für einen ganzen Tag nach Finkenwerder, um Nachhilfe zu erteilen. Zudem hat jeder Auszubildende einen festen Betreuer, der Schwächen früh erkennen und mit Gesprächen und Lernhilfen gegensteuern soll. Wenn es nötig ist, können Jugendliche mit schlechteren Leistungen auch innerhalb der Arbeitszeit mit fortgeschrittenen Kollegen üben. "Wir bieten unserem Nachwuchs eine intensive Betreuung", sagt Jan Balcke, der sich mit einem 30-köpfigen Team um die Airbus-Azubis kümmert.

Damit ist der Flugzeugbauer keine Ausnahme. Laut einer Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) erteilen 54 Prozent aller Hamburger Firmen ihren Auszubildenden Nachhilfe auf eigene Kosten. Das entspricht dem bundesweiten Schnitt. Allerdings nehmen nur 20 Prozent der Betriebe in der Hansestadt ausbildungsbegleitende Hilfen der Agentur für Arbeit in Anspruch, eine Art Nachhilfeunterricht an der Berufsschule. Deutschlandweit sind es 31 Prozent. Knapp 13 Prozent der Hamburger Firmen setzen ehrenamtliche Paten ein, die den jungen Leuten zur Seite stehen sollen. Und fast jedes fünfte Unternehmen hat Modelle für sogenannte betriebliche Einstiegsqualifizierungen entwickelt.

So wie Aurubis. Schon seit Jahren kooperiert der Hamburger Kupferproduzent mit der Schule Slomanstieg. Jugendliche, die nach ihrem Hauptschulabschluss keinen Ausbildungsplatz finden, können ein Jahr lang drei Tage die Woche bei Aurubis in der Lehrlingswerkstatt arbeiten. An den beiden übrigen Tagen feilen sie in der Schule an theoretischen Defiziten in Deutsch, Englisch und Mathematik. Ein Großteil wird nach diesem Trainingsjahr in eine reguläre Ausbildung bei der Kupferhütte übernommen. "Die meisten bestehen die Aufnahmeprüfung dann mit Bravour", sagt Aurubis-Sprecherin Michaela Hessling. "Direkt nach der Schule sind viele junge Leute aber noch nicht ausbildungsreif."

Diese Klage ist in deutschen Betrieben mittlerweile Konsens. Der DIHK-Umfrage zufolge bemängeln 74 Prozent die mangelnde Reife der Bewerber. "Schätzungsweise 50 000 Ausbildungsplätze sind 2009 bundesweit unbesetzt geblieben", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben bei der Vorstellung der Studie. In Hamburg würden sogar zwei Drittel der Befragten noch mehr Auszubildende einstellen - wenn es denn mehr geeignete Bewerber gäbe.