Auch Hamburger Firma Beiersdorf hat die moderne Werbeform bereits getestet. Verbraucherschützer üben Kritik und prüfen eine Klage.

Hamburg. Es sollte ein netter Kinoabend mit dem Kriminalfilm "Public Enemies" werden. Levin Hübner (20) und seine Freunde saßen im Cinemaxx am Dammtor in den hinteren Reihen, direkt vor dem Gang und warteten auf den Beginn der Vorführung. Erst einmal gab es aber Werbung. Wie immer, dachte sich Hübner, als die Spots abgespielt wurden. Dann der Film zur Kaugummimarke Wrigley. Plötzlich roch es nach Minze. Hübner drehte sich um, wollte den kauenden Nachbarn ausfindig machen. Auch die anderen Besucher tuschelten und reckten ihre Köpfe. "Läuft hier jemand mit Kaugummis durch den Gang?", fragte sich Hübner, während der Minzgeruch immer stärker wurde. Doch auch einen Verkäufer fand er nicht. Da wurde ihm und seinen Freunden klar: Das muss der Geruch zur Werbung sein. "Es war nicht unangenehm, eher erfrischend", so Hübner. Aber intensiv. Noch zehn Minuten nach Ende des Spots habe er den Minzgeruch in seiner Nase gehabt.

Wie Levin Hübner wird es derzeit vielen Besuchern des Cinemaxx gehen. Denn Wrigley schaltet vor Filmen, die nach 18 Uhr gezeigt werden, einen besonderen Werbespot. Während des 45 Sekunden langen Films für das Kaugummi 5 GUM wird der Duft von frischer Minze durch die Lüftungsanlage in dem Vorführraum verteilt. Bundesweit spielen 15 Kinos die ausgefallene Werbung ab. In der Hansestadt ist das Cinemaxx mit dem Film jedoch einzigartig. In zwei von acht Vorführräumen wurde vor gut einem Jahr extra eine neue Anlage installiert, die erst einmal für Tests vorgesehen ist. "Das System ist hauptsächlich für Filme und Trailer gedacht", so Cinemaxx-Sprecher Arne Schmidt.

Das Hamburger Unternehmen Beiersdorf hat Duftkinowerbung bereits 2006 im Cinemaxx getestet - damals noch mit einem anderen Gerät. An insgesamt sechs Tagen wurde ein Kinosaal mit dem typischen Nivea-Duft benebelt, während die Zuschauer den passenden Werbefilm verfolgten. "Die Ergebnisse der Tests sind vielversprechend", sagt Frank-Simon Basel von Beiersdorf. "Allerdings sehen wir aufgrund der hohen technischen Anforderungen noch ein begrenztes Potenzial."

Ähnlich beurteilt Marc Schwieger, Partner der Werbeagentur Scholz & Friends in Hamburg, die Geruchswerbung. "Hiermit kann nur bei einigen wenigen Produkten gearbeitet werden", sagt er. Deshalb hätten derartige Kampagnen eher einen Eventcharakter. "Zudem ist es sicher schwer, mehrere Filme mit Gerüchen nacheinander abzuspielen", so Schwieger. Auch Wilfried Leven, Präsident der Deutschen Werbewissenschaftlichen Gesellschaft, ist sich sicher: "Geruchswerbung im Kino ist nicht massentauglich." Im Einzelhandel sei der Einsatz der Düfte aber durchaus üblich.

Deshalb wundert sich Ernst Primosch, Kommunikationsexperte und Autor des Buches "Psychologie der Markenführung", auch, dass die Werbung erst jetzt zunehmend mit Düften arbeitet: "Seit Tausenden von Jahren sind Gerüche und Düfte eines der wichtigsten Mittel der Kommunikation", sagt er. "Ich kann mir vorstellen, dass der Einsatz von Düften erfolgreich wird."

Doch es gibt auch Kritiker dieser modernen Werbeform. Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg sieht die geruchsintensiven Filme äußerst skeptisch. "Das ist für mich belästigende Werbung, weil man sich nicht dagegen wehren kann", sagt sie dem Abendblatt. Die Verbraucherzentrale werde prüfen, ob die Werbung wettbewerbsverzerrend sei, und schließe rechtliche Konsequenzen nicht aus.

Auch die Freundin von Levin Hübner, Sophie-Catherine Ohlsen (20), war irritiert von dem Werbespot. "Das ist ganz schön manipulativ", sagt sie nach Ende der Vorstellung. "Wenn das alle machen würden, wäre es eine Reizüberflutung für die Zuschauer."