Eine Randbemerkung von Tom R. Schulz

Erst die Arbeit und dann? Na, die Arbeit natürlich. Nichts als die Arbeit, du sollst keine andere Göttin haben neben ihr. 85 Prozent aller Deutschen, so fand das Meinungsforschungsinstitut Emnid heraus, würden auch nach einem Lottogewinn von zehn Millionen Euro keinesfalls ihren Job kündigen. Sie würden nicht "Hey Boss, ich hab mehr Geld (als du)" rufen und ab nach Las Vegas, die Sonne putzen. Allenfalls würden unsere Landsleute, ehe sie wie gewohnt mit Henkelmann im Büro aufkreuzen, ein Bad im heimischen Dukaten-Kellerpool nehmen. Klammheimlich. Darf nämlich keiner wissen, das mit dem plötzlichen Reichtum. 79 Prozent der Befragten würden nur ihrem Partner beichten, dass soeben ihr Konto geflutet wurde. Freunden würde es nur ein knappes Drittel erzählen.

Sind wir noch zu retten? Was für ein scheußlich unglamouröser und geiziger Menschenschlag sind wir denn? Und ist die Lebenszufriedenheit an der deutschen Supermarktkasse, in der Kfz-Werkstatt oder eben im Büro so exorbitant hoch, dass uns außer Weltreise (46 Prozent) und Altersvorsorge (45 Prozent) partout nichts einfällt, was wir mit so einem Haufen Geld machen würden? Kaum. Was der Fantasie so strangulierend Zügel anlegt, ist die German Angst, dass man plötzlich lauter falsche Freunde hat, ausgenommen wird und bald mittellos und von allen verlassen in der Gosse landet. Als Lottokönige sind wir so groß wie unsere Gartenzwerge.