Trainer Thorsten Fink und Sportchef Frank Arnesen können trotz einiger Differenzen den HSV nur gemeinsam zum Erfolg führen

Wer in diesen Tagen behauptet, dass die Distanz zwischen Trainer Thorsten Fink und Sportchef Frank Arnesen noch nie so groß war, der hat zunächst mal recht. Geografisch gesehen. Rund 8000 Kilometer und sieben Zeitzonen liegen zwischen den beiden Hauptverantwortlichen des HSV. Fink bereitet den vorhandenen Kader der Bundesligamannschaft am anderen Ende der Welt in Südkorea auf die neue Saison vor, während Arnesen an der Zusammensetzung des Gesamtkaders von Hamburg aus arbeitet. Ob es aber auch eine von vielen behauptete zwischenmenschliche Distanz zwischen Chef (Arnesen) und leitendem Angestellten (Fink) gibt, lässt sich zurzeit wohl nur erahnen.

Ohne Zweifel wurde die Zusammenarbeit der beiden HSV-Verantwortlichen in den vergangenen Tagen arg auf die Probe gestellt - wegen der geografischen Distanz, sagen die einen, wegen der zwischenmenschlichen Distanz, sagen die anderen.

Jedenfalls war der 44-jährige Fink alles andere als erfreut darüber, als er im fernen Suwong davon erfuhr, dass sein elf Jahre älterer Vorgesetzte eine seiner Entscheidungen in der Heimat öffentlich angezweifelt hatte.

Die Geschichte im Zeitraffer: Defensivmann Slobodan Rajkovic hatte sich im Training allzu offensiv geprügelt, wurde in Abwesenheit Arnesens von Fink suspendiert und durfte nicht mit auf die Promotiontour nach Fernost. Darüber müsse man aber noch mal reden, sagte dagegen wenig später Arnesen, und machte damit deutlich, dass eine derartige Entscheidung Sache des Vorstands und nicht des Trainers sei. Eilig wurde ein Flug zur Gesprächsrunde nach Südkorea avisiert, zu dem es dann aber aus bekannten Gründen gar nicht mehr kam: Denn nach Rajkovics anschließender öffentlicher Abrechnung mit Trainer Fink gab es über das weitere Vorgehen mit dem Serben keine zwei Meinungen mehr - da waren sich auch die an sich grundverschiedenen HSV-Protagonisten einig.

Fink, in einer Zechensiedlung in Dortmund-Marten aufgewachsen, ist ein echtes Kind des Ruhrgebiets. Alles, was der Blondschopf im Leben erreichte, musste er sich im Gegensatz zu Naturtalent Arnesen hart erarbeiten. Nachdem Fink als Nachwuchsfußballer für Borussia Dortmund als nicht gut genug befunden wurde, machte er über Wattenscheid und Karlsruhe den Umweg bis zu Bayern München. Ein Star war der Mittelfeldabräumer hier nie, aber als Wasserträger für die Stars machte er sich unentbehrlich. Als Trainer wurde der zweifache Familienvater in der Zweiten Liga in Ingolstadt entlassen, ehe er sich über herausragende Arbeit in Basel beim HSV anbot. Fink will Erfolg um jeden Preis - auch wenn er dafür mehr als andere machen muss.

Arnesen, in Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen aufgewachsen, galt dagegen schon als Teenager als herausragendes Fußballtalent. Bereits als 19-Jähriger durfte der begnadete Jungstar ins Ausland zum niederländischen Traditionsverein Ajax Amsterdam. Und auch als am Ende seiner aktiven Karriere sein Knie nicht mehr mitmachen wollte, schien dem immer gut gelaunten Dänen der Erfolg regelrecht zuzufliegen.

Als Manager von PSV Eindhoven entdeckte der vierfache Familienvater Ronaldo und Romario, später arbeitete er als Sportdirektor bei Tottenham Hotspur und schließlich beim FC Chelsea. Erst in Hamburg muss Arnesen nun lernen, dass es nach Höhen eben auch Tiefen geben kann. Aber genau wie Fink will auch er den Erfolg um jeden Preis.

Doch genau diesen Erfolg, und das wissen Arnesen und Fink, können die beiden Workaholics nur gemeinsam erreichen.

Scheitert Fink, ist auch Arnesen gescheitert. Überzeugt Arnesen, kann auch Fink überzeugen. Der Druck ist vor der neuen Spielzeit bereits riesig, denn nach der desaströsen Vorsaison müssen die beiden nun ganz einfach überzeugen. Ausrufezeichen!

Und ab Montagabend, wenn das Team aus Asien zurückkommt, sind sie ja auch gar nicht mehr so weit von einander entfernt. Geografisch gesehen.