Wer - sagen wir mal aus Wien - das erste Mal nach Hamburg kommt und in der Innenstadt nach Zentren des christlichen Glaubens sucht, könnte sich verwundert die Augen reiben. Denn womöglich steigt er bei der U-Bahn St. Pauli aus, geht zum Heiligengeistfeld und hält dort Ausschau nach einem Dom. Das alles klingt so richtig fromm.

Wir Hamburger wissen zwar, dass an diesem Ort noch nie ein Dom gestanden hat. Aber für Außenstehende muss es schon etwas eigentümlich sein, wenn sie als Hamburger Dom dort nur das größte Volksfest des Nordens vorfinden.

Dabei - und das wissen wiederum die wenigsten Hamburger - lässt sich auf dem Heiligengeistfeld und auf anderen Jahrmärkten durchaus ein reges religiöses Leben ausmachen. Viele Schausteller sind fromme Menschen. Vielleicht weil sie wissen, wie sehr sie darauf angewiesen sind, dass sich alles zum Guten fügt, was sie planen.

Viele von ihnen haben ein Gespür dafür, dass es eine Quelle des Lebens gibt, die außerhalb von uns Menschen liegt. Es gibt - übrigens nicht nur bei den Schaustellern - einiges, was das Leben lebenswert macht und dennoch nicht von Menschenhand gemacht ist.

Seit zwei Jahren bin ich als Pastor nicht nur für meine Ortsgemeinde, sondern auch für den Hamburger Dom zuständig.

Und wenn wir regelmäßig am Sonntag nach der Domeröffnung um 23.30 Uhr Gottesdienst auf dem Heiligengeistfeld feiern, sprechen wir zusammen ein Gebet, das die meisten Schausteller sogar auswendig kennen:

"Oh, mein Gott, ich glaube an dich, ich vertraue dir, ich liebe dich und danke dir, dass du mich segnest.

Ich bitte dich, vergib mir meine Sünden.

Ich bitte dich, bewache und beschütze mich und meine Lieben.

Lass mich bedenken mein Vorrecht, als Schausteller Freude und Vergnügen zu bringen allen Menschen, besonders aber der Jugend, den Einsamen und denen, die vom Glück benachteiligt sind.

Und wenn meine letzte irdische Tat vollendet ist und der letzte Vorhang fällt, dann nimm mich zu dir und lass mich ewig glücklich sein bei dir - Amen."

Ich wünsche Ihnen viel Freude auf dem Hamburger Dom. Und gute Gedanken.

pastor.brandi@gemeinde-altona-ost.de